Mit dem Wohnmobil durch Island (4) - Der Osten

Mit dem Wohnmobil durch Island (4) - Der Osten
Mývatn - Húsavík - Asbyrgi - Dettifoss - Egilsstaðir - Hafrahvammagljúfurstaudamm - Neskaupstaður
571 km, davon 80 km Piste

Der Mjóifjörður im Osten Islands
Bevor wir in den Osten fahren wettern wir noch 24 Stunden Schlechtwetter ab. Wegen Schlechtwetter verziehen wir uns in die Berge kurz hinter Husarvik. Mir ist klar, dass „abwettern“ üblicherweise beim Segeln verwendet wird und nicht beim Wohnmobil fahren aber glaubt mir – das war abwettern. Denn es hat 2 Tage lang geregnet. Ich kenne all die verschiedenen Worte nicht, die Isländisch für Regen parat hat. Es war aber nicht „fieser Nieselregen“ und auch kein „vertikaler Platzregen“ und erst recht keine „sommerliche Regendusche“ – es war „wie wenn jemand mit dem Eimer Wasser an dein Fenster schüttet“. Also 24 Stunden lang. Unser Wohnmobil schüttelt sich wie verrückt hin und her und es ist laut. Es ist das erste Mal, dass ich unseren Pössl genau in den Wind drehe (also so, dass der Wind genau von vorne kommt). Denn auch wenn er einen cw Wert hat wie ein Kleiderschrank, so fährt er ja auch über die Autobahn. Und in der Tat, so ist es besser, es ist ein bisschen leiser und nach ein paar Stunden können wir sogar einschlafen. 

Hier stehen wir geschützt und wettern das schlechte Wetter ab

Aber auch das gehört ja zu Island, Regen bei 5 Grad und Sturm. Die Isländer nennen das Wetter. Aber so ein Kuscheltag im Wohnmobil ist ja auch mal ganz nett und ohne solche Tage würdet ihr ja auch nichts zu lesen kriegen. Was mich sehr überrascht hat ist die Beständigkeit der Lupinen. Unser Stellplatz war mitten in einem riesigen Lupnenfeld und ich dachte, das wäre nach dem Regensturm komplett niedergedrückt. Im Gegenteil – die Lupinen scheinen den Regen genossen zuhaben und standen alle aufrecht dem wenigen Licht entgegen. Sehr robuste Pflanze. 

Die Lupine nach dem Regen. Nass, aber steht noch. Beachtlich.

Die Stadt Husarvik, die Walstadt Europas, nutzen wir nur zum Brötchen kaufen, das dortige Walmuseum lassen wir aus und heben uns das für eine zukünftige Reise auf. Und eine Waltour, die haben wir ja schon hinter uns und mir war das in der Sonne auch viel lieber. Und so nutzen wir den weiteren Regen für eine Weiterfahrt in den Osten und landen erst einmal in Ásbyrgi, da wo Odins achtbeiniges Pferd seinen Hufabdruck hinterlassen hat. Die Hufeisenfürmige Schlucht macht das klar deutlich. Oder es war das Ergebnis eines Gletschlaufs, also eine Gletscherschmelze unter einem Gletscher wegen eines Vulkanausbruchs, was in Island jetzt aber zu weit hergeholt wäre, oder? Auf jeden Fall hatte der Odin ein sehr großes Pferd. 

Ásbyrgi, eine sehr große Schlucht. 

Unser Campingplatz direkt an der Klippe


Von dort wollen wir am Dettifoss vorbei wieder auf die Ringstraße – der Straße 1. Da gibt es jetzt 2 Möglichkeiten. Die Piste 862 oder 864? Nach diversen Foren (hier) gibt es widersprüchliche Aussagen. Im Visitor Center nachgefragt – beide Straßen sind schlecht aber die 864 ist besser. Also los. Das Ergebnis könnt ihr im Forum nachlesen – es war eine gute Wahl. Wir fanden die Piste gar nicht so schlecht. Wahrscheinlich hat unser Pössl schon so viel Off-Road Erfahrung, dass wir das gar nicht mehr merken. Auf jeden Fall war es deshalb schon eine gute Wahl, weil es die bessere Seite für den Dettifoss ist, denn von hier kommt man ganz dicht dran an den Wasserfall. Also so dicht man denn mag, bis auf ein paar Zentimeter an die Fallkante. 


Unser Offroad-Mobil. Die 684 ist aber wirklich gut zu fahren und kein Vergleich zur 35. 

Der Dettifoss ist der größte Wasserfall Europas, also nach Leistung (Höhe x Wassermenge) und liegt knapp vor dem Rheinfall. 44m hoch und knapp 200 Kubikmeter die Sekunde. Macht mehr als 85 Megawatt. Das mag jetzt nicht jedermann etwas sagen, das hört man und spürt man aber an der Fallkante, denn das ist schon atemberaubend – im wahren Sinne des Wortes. Netterweise hört der seit 2 Tagen dauernde Regen auf und die Sonne zeigt sich erstmals und hinterlässt im der tiefen Morgensonne einen tollen Regenbogen von dem immensen Spray, den der Wasserfall produziert. Netterwesie kam der Wind von hinten und so wurde ich nicht wie am Godafoss ständig durchnässt. Ich konnte mich kaum sattsehen. Noch besser war, dass ich dort ganz alleine mit dem Wasserfall war. Der Wahnsinn.

Der Dettifoss aus der Entfernung

Gigantische Wassermassen

Ganz dicht dran

Viel Spray für einen schönen Regenbogen

Weiter geht es durch teilweise magisch erscheinende Landschaft mit Hügeln, Bergen, Seen und Schnee nach Egilsstaðir, der größten Stadt im Osten. Dort wollen wir mal wieder Proviant und Kraftstoff bunkern und nutzen das wundervolle Schwimmbad, eins der schönsten, das wir gesehen haben. Obwohl, eigentlich sind alle Schwimmbäder in Island toll. Aber nicht nur deswegen sind wir hier, denn wir wollen an den See Lagarfljót, dort gibt es schöne Wandermöglichkeiten. Da ich ja Wasserfälle so gerne mag (habt ihr schon gemerkt, gell) wandern wir 300m aufwärts zum Hengifoss, mit 118 m Fallhöhe der dritthöchste Islands. Der Wasserfall war aber weniger spektakulär als der Ausblick auf den See unter uns. Und noch besser war dann die folgende Fahrt ins Hochland. Die Straße 910 ist die einzige Möglichkeit in Island, auf einer asphaltierten Straße ins Hochland zu fahren. Denn in der Gegend hier wurde ein riesiger Staudamm errichtet, irgendwoher muss die ganze Wasserkraft ja kommen. Und für den Bau des Staudamms brauchte es ja eine Straße für all die LKW. Und so kommen wir wieder mal ins Hochland, diesmal sehr entspannt. 

Die Fahrt in den Osten

Schöne Basaltformationen am Hengifoss

Der Hengifoss - 118 m hoch

Die Schlucht hinter dem Staudamm

Der Stausee, im Hintergrund der größte Gletscher Europas, der Vatnajökull

Und aus dem Hochland wieder zurück zum See - wahnsinnig tolle Aussicht

Rentiere haben wir leider keine gesehen, dafür umso mehr Schafe. Schafe und Island gehören ja zusammen wie Elche und Schweden. Die laufen hier alle frei rum – eingesammelt werden die dann im Herbst wieder. Und da das Gras am Straßenrand so furchtbar gut schmecken muss, ist schnelles Fahren hier manchmal so eine Sache. Also Vorsicht. Aber meist bleiben die Tiere am Straßenrand einfach stehen, an die Autos sind sie scheinbar gewöhnt. Trotzdem sind wir immer etwas vorsichtig, wenn die Tierchen mal wieder mitten auf der Straße stehen oder auch an der Seite ihr Mittagessen zu sich nehmen. Interessant wurde es, als wir eine Gruppe auf einer Brücke getroffen haben, denn da kamen sie ja jetzt nicht mehr seitlich weg. Ein Gezeter und Gehupfe sag ich euch. Aber nein, wir sind einfach angehalten und das Lammfleisch haben wir aus dem Supermarkt – ehrlich. 

Islandschaf

Der Campingplatz am See war übrigens etwas sehr besonders – für Island. Er liegt im Wald. Das mag als Mitteleuropäer jetzt nicht spektakulär sein, für Isländer ist es das aber. Die kommen am Wochenende extra hier her, wegen der paar Bäume. Denn Wald gibt es in Island sehr selten, hier halt. Sonst ist die Gegend baumlos, was die einzigartige Landschaft Islands denn halt auch ausmacht. Moose, Flechten und Lupinen beherrschen hier das Landschaftsbild. Insofern waren die paar Birken mal eine nette Abwechslung. 

Auch in Island gibt es Bäume
Und nun geht es in den Osten, also ganz in die Fjorde. Da hier die Welt zu Ende ist, verlaufen sich nur wenige Touristen hin. Deshalb sind wir hier. Und erwartet eine großartige Landschaft und tief eingeschnittene Fjorde mit über 1000m hohen Bergen dazwischen. Irre. Natürlich erinnert uns das Ganze an Norwegen – denn die Gletscher haben hier wie dort halt ihre Arbeit schon ordentlich gemacht. Allerdings ist Island vulkanischen Ursprungs und daher viel zackiger. Und steiler. Also sehr viel steiler. Das ist schon beeindruckend. So beeindruckend, dass wir unsere Wanderung an der Klippe entlang abgebrochen haben, weil der Weg immer schmaler wurde und es immer steiler nach unten ging. Das hatten wir auch noch nicht. Und da hier wie gesagt sehr wenig los ist können wir die Landschaft auch so richtig genießen.

Der Wanderweg am Fjord

Eine tolle Küste, der Wanderweg ist sehr abenteuerlich

Und überall kommt Wasser runter

Und draußen tobt das Meer

Was am Osten aber doch auffällt, dass er deutlich mehr besiedelt ist als gedacht. Denn wenn man einmal auf die Karte schaut, da wo wir waren, in Neskaupstaður, der stellt fest, dass die Welt hier wirklich zu Ende ist. Was machen die ganzen Menschen hier nur? Die Antwort sieht man auf der Fahrt schnell. Hier steht das größte Aluminiumwerk Europas. Island ist weltweit der 12-größte Hersteller dieses Metalls noch vor Deutschland und knapp hinter Norwegen. Was lernen wir daraus? Alu ist doch nicht so „schmutzig“ wie gedacht, denn es wird dort hergestellt, wo der Strom 100% regenerativ ist. Für dieses Werk wurde übrigens das Wasserkraftwerk gebaut, welches wir besucht haben. Denn die Produktion von Aluminium ist sehr energieaufwändig, es wird in Schmelzelektrolyse hergestellt, Strom braucht man da zum Schmelzen des Aluminiumoxids (auf über 900 Grad) und halt für die Elektrolyse selbst. Da hab ich aber wieder was gelernt und freue mich, dass Alu dann doch gar nicht so böse in der Herstellung ist. Alles aus sauberen Strom. Bin begeistert. 

Und hier die Route




Und hier geht es zum fünften Teil: Der Süden

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