Teil 11 - Ásbyrgi und Húsavík
Wandern und Wale
Heute ist Kuscheltag. Wir merken,dass wir auf Island sind - es regnet. Also bereits den ganzen Tag. Das ist jetzt für Island nicht so ungewöhnlich, wir sind es halt einfach nicht mehr gewöhnt. Wir hatten jetzt genau 2 Wochen gutes Wetter, von dem kurzen Sturm im Hochland mal ausgenommen. Wir hatten Sonne, 20 Grad und kaum passende Kleidung dabei. Insofern ist es nur ok, wenn wir mal wieder an Island erinnert werden.
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Regentag in Húsavík |
Wahrscheinlich mag uns der Ort Húsavík (dt. “Häuserbucht”) nicht. Schon letztes Jahr hat es hier geschüttet, als wie hier waren. Komsich. DIe Stadt ist ohne Zweifel die Wal-Hauptstadt Islands. Seit 1995 werden hier Walbeobachtungstouren angeboten, 1998 eröffnete das Wal-Museum und ständig wurde das Angebot erweitert. Mittlerweile scheint die Stadt komplett vom Waltourismus zu leben. Vier Firmen bieten ihre Dienste an, dazu kommen Souvenirläden, Restaurants und alles was den Tourismus so ausmacht. Viele Tourbusse kommen im Hafen an und nutzen die gute Wal-Tour Infrastruktur. Trotzdem wirkt der Ort und der Hafen noch irgendwie gemütlich und Original-Isländisch. Durch den Tourismus bietet die Stadt ein lebhaftes, aber lokales Flair, die schmucke Kirche von 1907 gibt der Stadt ein schönes Gesicht und Fischerboote paaren sich mit den vielen Schiffen der Waltour-Anbieter. Da die meisten Anbieter hier auf traditionelle Holzschiffe setzen passt das gut zum lokalen Ambiente. Aber auch eine Menge RIB-Boote (Schlauchboote mit festem Rumpf, engl. “Rigid Inflatable Boat”) dümpeln mittlerweile im Hafen und nach unseren Beobachtungen sind das mittlerweile auch die beliebtesten Touren, wenn wir mal die Anzahl der Besucher addieren. Die RIB Touren bieten zusätzlichen zur Walbeobachtung noch einen kleinen Speed-Kick, die kleinen Boote kommen aber auch deutlich näher an die Wale heran. Außerdem sind sie extrem manövrierfähig und kommen so schnell dahin, wo Wale gesichtet werden. Wir haben wegen des Wetters auf eine Wal-Tour verzichtet, aber das haben wir später noch vor.
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Walboot-Stau im Hafen |
Húsavík liegt an der Bucht Skjálfandi (dt. “die Zitternde”), passender übersetzt mit “Erbebenbucht”. Hier kommt es immer wieder zu kleinen Beben, die aber sekten spürbar sind. Der Zusammenfluss der beiden Flüsse Laxá í Aðaldal, einem lachsreichen Quellfluss und dem Skjálfandafljót, einem Gletscherfluss, führt zu einer hohen Nähstoffkonzentration im Wasser der Bucht, was zu extrem viel Plankton führt. Daher die hohe Anzahl der Wale hier.
Passend zum Wal-Tourismus ist das Whale-Watching Museum gleich am Hafen sehr beliebt, da sind wir wegen des Wetters natürlich reingegangen. Es ist mittlerweile in die Jahre gekommen, in Reykjavik im Perlan werden die Wale mittlerweile informativer dargestellt. Passend zum lokalen Ambiente ist es hier natürlich, interessant sind die ausgestellten Walskelette, die allesamt von gestrandeten Walen stammen. So ist ein Größenvergleich der Wale schön möglich. Der Blauwal ist schon faszinierend. Auch der Bereich über den Walfang aus Island ist sicher diskussionswürdig, aber fast ehrlich dargestellt (es werden hauptsächlich die norwegischen Walfänger thematisiert). Immerhin ist das Museum im ehemaligen Schlachthaus für Wale untergebracht - passender geht es kaum. Was klar ist: Isländer haben ein besonderes Verhältnis zum Walfang, der jahrhundertelang ihre Existenz sicherte. Zum Nachdenken: Das isländische Wort für Glückstreffer/Jackpot heißt “Hvalreki”, was auch “gestrandeter Wal” heißt. 2006 wurde nach (oder wegen?) Protesten aus dem Ausland der kommerzielle Walfang wieder aufgenommen, mit Quoten von derzeit ca. 150 Finnwalen und 250 Zwergwalen, auch Minkwale genannt. Auch wenn isländische Tourismusexperten immer wieder klar machen, dass die touristische Bedeutung der Wale mit Beobachtungs-Touren viel einträglicher sei als der Walfang bleibt das Thema ein emotional hoch besetztes Thema.
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Ein Buckelwal - also sein Skelett |
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Und ein Blauwal - riesig |
Aber gestern, da war das Wetter noch gut. Es war nämlich Wandertag. Also 2 Wandertage. Wir waren in der Schlucht Ásbyrgi wo Odins achtbeiniges Pferd seinen Hufabdruck deutlich sichtbar hinterlassen hat. Im Visitor Center erfahren wir viel über die Entstehung der Schlucht. Denn wissenschaftlich betrachtet war es möglicherweise nicht Odins Pferd, sondern ein Gletscherlauf, also ein Ausbruch der Vulkane Kverkfjöll oder Bárðarbunga unter einem Gletscher vor 4000 Jahren. Wassermassen mit 200.000 m³/s formten so die Schlucht. Jeder Isländer wird aber die Version mit Odins Pferd erzählen, denn der Odin hatte ein sehr großes Pferd. Der Name des Canyons Jökursárgljúfur (dt. “Gletscherschlucht”) verrät aber seine Herkunft. Der ganze Park ist ein Wanderparadies. Wir haben auf beiden Campingplätzen übernachtet, von denen gibt es zahlreiche Wanderungen in die Schlucht und durch das Naturschutzgebiet. Wir sind oben auf die Felseninsel Eyjran (gelaufen mit tollem Blick hinunter. Noch besser war es vom Campingplatz Vesturdalur:, der übrigens super idyllisch mitten im Nationalpark liegt. Die Wanderung “Hljóðaklettar” war besonders abwechslungsreich. Zuerst durch einen Birkenbuschwald, dann erreichen die den Canyon mit tiefschwarzen, einzigartigen Basaltfelsen. Die Wanderung geht einmal rund um das Felsmassiv, teilweise am Canyon entlang, mitunter steil durch das Basaltmassiv..Es geht teilweise ungesichert teilweise Zentimeter am hohen Canyon entlang, schön wars. Und am nächsten Tag nochmal zum Aussichtspunkt Karl og Kerling (Mann und Frau) direkt an den großen Fluss.
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Unser Stellplatz im Nationalpark Jökursárgljúfur |
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Jutta auf dem Felsenberg Ejyran |
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Und Ejyran von unten |
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"Karl og Kerling". Zwei Trolle (mann und Frau), die aus ihrer Trollhöhle (links) zu früh rauskamen |
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Der Jökursárgljúfur (Gletschercanyon) |
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Und nochmal sie andere Seite |
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Lustige Basaltformatioen |
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Und wieder lustige Basaltformationen |
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Und unser Stellplatz in Ásbyrgi |
Und dann wollten wir eigentlich weiter zum größten Wasserfall Europas, dem Dettifoss. Eigentlich. Denn wegen des angekündigten Regens macht das wenig Sinn. Letztes Jahr waren wir hier schon einmal - bei Sonnenschein. Wir planen also kurzfristig um und fahren erstmal nach Húsavík - siehe oben.
Und noch eine Frage beantworte ich gerne. Diesmal Essen. Wir essen üblicherweise im besten Lokal am Ort - dem Pössl 2 WIn mit Pinneberger Kennzeichen. Heute gab es Lachs mit Blumenkohl - wir stehen ja auch am Fluss Laxá í Aðaldal, die Übersetzung kann ich mir sicher sparen.Sonst gibt es Lamm oder Rinderfilet, beides preiswerter als bei uns zu Hause, das Lamm ist sogar unschlagbar lecker. Ein Kilo feinstes Lammfilet kostet hier kaum 20 Euro. Ja, wir waren auch schon ein paar mal essen, aber das ist hier wirklich sehr einfach und auch nicht ganz günstig. Ich muss aber zugeben, die Fish and Chips am Polarkreis in dem lustigen Restaurant - die waren schon gut. Das lag aber weniger am Gericht als an dem Restaurant mit Museums-Atmosphäre. Sonst ist das Essen bei uns wirklich einmalig gut. Und morgens gibt es Skyr. Jeden Morgen. In Island kommt man um Skyr nicht herum, es ist auch im Supermarkt omnipräsent. Bei Wikipedia steht zu Skyr “isländisches Milchprodukt” und mit Quark oder dickflüssigem Joghurt zu vergleichen. Was totaler Quatsch ist, denn es ist “mit Quark und dickflüssigem Joghurt zu vergleichen”. Es ist nämlich in der Tat beides. Also erst mit Lab die Molke ausgefällt, so dass nur das Casein (also das Eiweiß) übrig bleibt. Zusätzlich wird es aber mit Milchsäurebakterien gesäuert, wie beim Joghurt, der ja aber nicht gefällt wird. Ist einzigartig. Warum das so ist konnte ich nicht rausfinden, habe aber 2 eigene Theorien. Die Erste ist eher politisch.In der Wikingerzeit konnte man sich nicht auf die Haltbarmachung der Milch einigen. Beide Methoden (die im Mittelmeerraum bekannte Säuerungs-Methode und die im Norden bekannte Fällmethode). Darüber wurden so einige Morde begangen bis auf dem Althing der Gesetzessprecher ein Urteil fällte: Es wird einfach beides gemacht - der Streit war beigelegt und er herrschte wieder Frieden. Die Zweite ist weniger komplex und wahrscheinlicher: Da Skyr aus Magermilch gemacht wird, da der Rahm für andere Erzeugnisse (wie Butter) sehr wichtig war konnte ja nur Magerquark hergestellt werden. Und jeder weiß, wie Magerquark schmeckt. Gräßlich. Da nicht mal die Schafe das Zeugs essen wollten versuchte man zusätzlich Milchsäurebakterien einzusetzen und schon schmeckte das Zeugs besser. Skyr war geboren. Fettarm, proteinreich. Die Bevölkerung Islands konnte überleben.
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