Mit dem Wohnmobil durch die Toskana - Teil 8


ich habe Beschwerden erhalten, dass meine Reisemails zu positiv sind und auf keinen Fall der Wahrheit entsprechen können. Natürlich entsprechen sie nicht der Wahrheit – wie auch meine Bilder. Natürlich ist alles ein wenig rosa gefärbt, so wie ich die Welt halt sehe. Aber ok – ich kann auch anders. Ich werde euch jetzt die ungeschminkte Wahrheit erzählen und euch genug Gründe nennen, warum ein Wohnmobilurlaub in der Toskana einfach eine blöde Idee ist.

Erstens) wird man in Italien beklaut. Siehe Teil (4)


Zweitens) passt Kultur und Wohnmobil nicht zusammen. Warum weiß ich nicht, fühlt sich nur blöd an. Und da es hier nun mal viel Kultur gibt muss man sich ständig entscheiden, wie man denn nun Kultur Wohnmobiltauglich macht. Wir machen ja gerne Stadt-Kultur Reisen, aber mit dem Flugzeug. Das passt. Mit dem WoMo passt es halt nicht. Ob das an unserer Erfahrung in Pisa liegt (siehe erstens) weiß ich auch nicht, aber wir haben es noch mal mit Siena versucht und da unsere Taktik geändert, indem wir da gleich auf einen Stadt-Campingplatz übernachtet haben. Das war zwar sicher, aber schlecht. So ein Stadtcampingplatz ist teuer, laut und nicht sehr attraktiv. Das wertet die sicher schöne Stadt Siena ab. Außerdem hab ich ausgerechnet, dass ein Easyjet Flug und ein Wimdu Apartment billiger ist. Also: Keine Stadtreisen mehr mitdem WoMo. Wir sind nun dazu übergegangen, ganz kleine Kulturperlen herauszusuchen die keine Sau kennt, aber irgendwie passender für uns sind. Oder kennt ihr Castelnuovo, Barga oder Sticciano? Oder Certaldo Alto? Das sind WoMo-taugliche Orte – klein, leer und irgendwie kuschelig. Aber ich wollte eigentlich ja nix positives schreiben. Aber schlechte Bilder – die hab ich leider nicht. Also hier einige Bilder aus den o.g. Orten, aus Siena haben wir dafür keine.






Drittens) ist die Fahrerei hier eine Katastrophe. Also Drei a) die Straßen und Drei b) die Fahrer. Irgendwie gibt es in Italien ein Gesetz, welches vorschreibt, dass am Steuer grundsätzlich zu telefonieren ist. Ich habe noch keinen Italiener ohne Telefon gesehen – und so fahren sie dann auch. 60 auf der Autobahn. Und wo man nur 30 fahren darf (oder kann, siehe folgenden Abschnitt) fahren sie gerne 80 und hupen dann auch ganz aufgeregt. Also zu 3a) Die Toskana ist bekanntlich sehr hügelig, wobei die Hügel gern mal 1000 m hoch sind. Wie organisiert man hier eine Straßenführung? Nun, in Norwegen entscheidet man sich für eine ideale Höhe und baut abwechselnd Brückenund Tunnel. Fertig. In Deutschland sucht man jahrelang die optimale Route zwischen den Bergen und hört dann nach 10 Jahren Planungszeit wegen möglicher Umweltschäden auf. In Italien hat man einfach alle Gipfel markiert und führt die Straße über ALLE möglichen Hügel. Da geht es ständig 500m rauf und wieder runter bis man einen Muskelkater in den Armen hat. Und dann gibt es übrigens noch 3c) die Fahrradfahrer. Das ist in Italien ein sehr beliebter Sport, es handelt sich nach den Trikots zu urteilen nur um Profis. Oder es liegt an der Wirtschaftskrise, so dass alle Menschen hier Werbung für irgendwas fahren müssen. Nun ja, die fahren ja üblicherweise im Pulk, mit 2 km/h den Berg rauf (überholen unmöglich) und mit 60 den Berg runter, wobei wir dann üblicherweise überholt werden, denn unser WoMo würde bei der Geschwindigkeit aus der Kurve purzeln. Gestern hab ich erstmal 2 Fahrräder von meiner Kühlerhaube gekratzt. Hier auch ein Bild der üblichen Straßen




Viertens) Das Brot: Auch sehr kulturell übrigens, denn seit den Salzkriegen 1482, wo man die Salzsteuer hier nicht mehr zahlen wollte, backt man hier Brot ohne Salz. Das schmeckt ungefähr so, als würdet ihr Wellpappe backen und als Brot anbieten. Spätestens dann wird klar, warum es hier so viele salzhaltige Gerichte, also z.B. Pesto, Olivenpaste etc gibt, denn wenn man so etwas aufs Brot tut, dann geht es wieder.

Fünftens) Campingplätze: Nicht nur, dass Campinglätze in Italien extrem teuer sind (50 Eur sind da keine Ausnahme), sie sind sehr, sehr unterschiedlich. Es gibt eine Menge „Club“ Campingplätze, die es zu vermeiden gilt. Mit Animation, Pool-Landschaft und Shuttle-Service. Ganz schlimm ist dann, wenn man ein Armbändchen tragen muss oder um 10 in der Früh die Lautsprecherdurchsagen zum aktuellen Programm durchgegeben werden und der Sieger des gestrigen Animations-Wettbewerbes im Eimerwerfen gekürt wird. Dann sind wir um fünf nach zehn auch schon wieder weg. Wir haben festgestellt, dass die billigen Plätze die Besten sind und lustigerweise sind die auch immer leer. Hier ein Bild unseres aktuellen Campingplatzes ohne jegliche Animation:




Sechstens) Die Temperatur. Das ist jetzt nicht jammern auf hohem Niveau, denn wandern mit 300m Höhenunterschied bei 32 Grad ist nicht lustig.

Siebtens) Rastplätze oder Parkplätze. Also die sind jetzt nicht schlecht, nur leider nie vorhanden, wenn man sie braucht. Mal schnell parken und ein paar Fotos zu machen? Hier mal hinstellen und die Stadt zu besichtigen? Mal ein Brot essen an einer schönen Stelle der Strecke? Geht alles nicht, weil eigentlich überall Parkverbot ist. Nun muss ich zugeben, dass sich Italiener an solche Verbote nicht halten und daher grundsätzlich alles zugeparkt ist, als gesetzestreuer deutscher Staatsbürger ist mir das aber nicht Recht. Da aber oft wenig Verkehr ist muss man halt auf der Straße stehen bleiben um einen Kaffee zu trinken



Achtens) Schilder: Marvin hat uns ja gewarnt, denn die Methode hier Schilder aufzustellen ist schon interessant. Es gibt Orte, an denen findet man alle Schilder auf einmal, an den wichtigen Punkten aber findet man nichts. Ihr müsst euch das so vorstellen: Mitten auf der Strecke, anhalten unmöglich (siehe 7) plötzlich 28 Schilder: Geschwindigkeitsbeschränkung, Parkverbot, Campingplatzwegweiser (der ist wichtig), der nächste LIDL, Trattoria Toskana und so weiter. Mit viel Glück hat man im Schilderwald das passende Schild (in unserem Fall Campingplatz) erspäht. Man fährt weitere 20 km, findet dann erneut einen Schilderwald, allerdings plötzlich ohne Campingplatz. Also umkehren. Wenn man sich nun auf die Schilder verlässt würden wir heute noch hin- und herfahren. Die beste Taktik: Irgendwo abbiegen, mit Glück ist dann da wieder ein Schilderwald. Falls nicht – nächste Kreuzung versuchen.

Neuntens) Enge Gassen: Eigentlich ja idyllisch, nur nicht mit einem Wohnmobil. Ihr könnt euch ja gar nicht vorstellen, wie froh wir sind einen Lieferwagen als WoMo zu haben. Fiat Ducato, 1980 mm Breite. Ich weiß jetzt, warum der genau so breit ist, denn italienische Gassen sind alle 2m. Ein Ducato muss da zur Warenlieferung ja durch. Ein Standardreisemobil mit 2300 mm oder sogar 2500mm bleibt da einfach stecken. Glück gehabt.

Zehntens) Ameisen: Uns war ja klar, dass Italien ein Migrantenproblem hat, dass es sich aber um Ameisen handelt war uns nicht klar. Da die Biester ja auch vertikale Flächen hochlaufen können (also Stuhlbeine, Tische, Wohnmobilreifen) muss man höllisch aufpassen, was da abends so im Wein rumschwimmt.


So, ihr habt nun 10 Gründe, NICHT nach Italien zu fahren. Wir werden allerdings wiederkommen, jemand muss sich ja opfern.

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