Paris CDG - Ein Erlebnisbericht

Die Geschichte ist für alle Freunde oder Hasser des Flughafens Paris Charles de Gaulle in Paris, CDG. Laut Wikipedia der zweigrößte Flughafen Europa. Und dies ist natürlich einer der Gründe, warum diese Geschichte passiert ist.

Ich mag CDG. Wahrscheinlich bin ich der einzige, der das öffentlich schreibt, aber irgendwie hat der Flugplatz doch Charme. Dieses einzigartige und zugleich schreckliche Terminal 1 mit dem Betoncharme der später 60er Jahre. Einzigartig das Konzept mit den Satelliten, niemals kopiert, weil es eine Scheißidee war. Trotzdem genial, verkörpert es doch das Bild der 60er mit Weltraum-moderner Struktur und Stil. Anfang der 70 war dieses Gebäude wahrscheinlich eine Ikone der Moderne. Nicht umsonst hat Alan Parson 1977 den Innenbereich des Terminals mit seinen psychadelischen Fahrtreppen als Cover des Albums „I Robot“ genutzt. Mal ehrlich, das hat doch was.

Nein, das ist es allerdings nicht. Ich mag CDG weil ich der einzige bin, der sich dort auskennt – dachte ich. Jahrelang war ich dort praktisch jede Woche. Ich kenne jeden Weg, jede geheime Abkürzung und jede Abzweigung. Ich kenn mich aus. Dachte ich. Denn seit 6 Jahren bin ich nicht mehr regelmäßig dort und der Flugverkehr hat sich in dieser Zeit doch recht vermehrt. Und der Flughafen verändert. Und jetzt verstehe ich, warum jeder diesen Flughafen hasst.
Wir sind also freiwillig über CDG nach Miami geflogen. Ja, auch freiwillig mit der Air France. Auch die Airline mag ich. Wahrscheinlich mag ich einfach die französische Sprache, den Wein und das Essen. Aber das tut hier jetzt nichts zur Sache. Ich bin Profi – ich weiß, wenn man AF bucht dann ist der Transfer in CDG nämlich auf das Terminal 2 gegrenzt. Ein kleiner Hops von 2F nach 2E, fertig. Kein Problem, jeder kennt den Tunnel dorthin. Easy. Wir haben 1,5 Stunden Aufenthalt zwischen den Flügen, alles ganz easy.

Natürlich darf man nicht den Fehler machen, in CDG einen Terminalwechsel zu machen. T1 und T2 sind weiter entfernt als der Flughafen Fühlsbüttel von Bremen. In der Tat wäre es ehrlicher zwei verschiedene Flughafennamen zu vergeben, was sie Franzosen aus irgend einem Grund aber nicht tun. Aber es gibt ja mittlerweile einen Zug, den CDGVAL. Trotzdem steigen die meisten Leute beim Transfer zwischen den Terminals aus, dort befindet sich die Bahnstation und mit der Bahn ist man schneller zuhause als in CDG von T1 nach T2. Aber quatsch, das T1 wird ja nur von solchen unwichtigen Airlines wie Adria Airways, Hellas Jet, Yemenia oder Lufthansa angeflogen. Und wir fliegen ja Air France, da bleibt man innerhalb von T2. Alles kein Problem. Alles ganz easy.

Zum T2 muss ich euch aber noch die Anatomie erzählen. Es gibt 2F (Schengen) und 2E (Ausland) und 2G (Kleinkram). 2G spielt in dieser Geschichte keine Rolle, auch wenn wir das nett in Erinnerung haben, als wir mal nach Bremen mussten. Das ist aber eine andere Geschichte. Wir müssen also nur von 2F nach 2E, den Weg kenne ich gut (Überführung). Alles Ganz easy. Allerdings gibt es mittlerweile 3 verschiedene Gebäude mit 2E. Es gibt 2E/K, L und M. Was soll der Scheiß? Warum nennen die das nicht gleich 2H, I und J? Wer mir das erklären kann kriegt einen Pastis umsonst. Und wir müssen zu M. Und das bitte merken, denn 2 M ist weiter weg als das Terminal 1. Nein, ich kenne mich nicht mehr aus.

Nochmal kurz die Ausgangssituation: Wir sollen um 12:00 ankommen, unser Flieger nach Miami geht um 13:50, boarding startet um 13.00. Gate closure 13:35. Also locker Zeit. Nur leider friert es in Hamburg und der Enteisungswagen scheint grad Pause zu haben. Als er dann da ist meint er es besonders gründlich und enteist was das Zeug hält. Eine Stunde später sind wir dann auch schon (völlig eisfrei) in der Luft. Und wer rechnen kann der wird jetzt schnell merken, dass wir genau dann ankommen, wenn bei unserem Flieger nach Miami  das boarding beginnt. Jetzt wird es spannend. Und Murphy ist auch dabei.

Ich bin Profi – hatte ich schon gesagt. Wir sitzen Reihe 5, also extra schnell zum Aussteigen. Blöderweise parken wir aber auf dem Vorfeld. Klasse. Könnt ihr euch vorstellen, wie langsam manche Leute die Gangway runtergehen. Soll ich die schubsen oder dauert das dann noch länger? Einige schlendern sehr gemütlich vom Flugzeug in den Bus und der Busfahrer muss noch mal telefonieren. Toll. Erst als ich dem Busfahrer klarmache, dass ich jetzt persönlich auf dem Fahrersitz Platz nehme wacht er auf. Als es dann endlich losgeht fährt natürlich genau vor uns irgendein Gefährt mit max 6 km/h, das auf dem Vorfeld nicht überholt werden darf. Wär ich doch bloß selber gefahren. Gefühlte Stunden später sind wir da – in Realität ist es 13:20. Noch 15 min bis Gate close. Aber natürlich sind französische Airlines niemals pünktlich – auf der Anzeigetafel wird unser Flug angezeigt, 15 min Verspätung. Na prima. Wir haben also noch 30 min bis 13:50.

Und jetzt kommt ein Tipp: Glaubt erfahrenen Kabinenpersonal mehr als Bodenpersonal auf dem Flughafen. Natürlich haben wir noch auf dem Flug gefragt, wo wir den hinmüssen und wie das am schnellsten geht. Ihr habt euch das gemerkt? Von 2F nach 2E/M. Die nette Flugbegleiterin erklärte uns wie das geht. Von 2F nach 2E/K (durch den Tunnel) und dann mit der Schwebebahn nach M. So der Plan. Also joggen wir Richtung 2K. Wichtig dabei ist: Man darf niemals, aber auch niemals den Sicherheitsbereich verlassen. Sonst hat man verloren, wegen der erneuten Kontrolle. Auf Französisch heißt das „sous Douane“, also unter dem Zoll, unter dem Radar sozusagen. Also immer den Schilder „Correspondance“ folgen, auch wenn es sich so anhört als geht es hier zur Pressekonferenz. Denn die Franzosen verweigern selbst auf Flughäfen die englische Sprache, aber auch das ist eine andere Geschichte. Und dann kommt es. Ich mache den üblen Fehler. Kurz vor der (sehr leeren) Passkontrolle jemand zu fragen, ob wir hier richtig sind Richtung M (Mir war etwas mulmig, denn M stand nirgend wo drauf). Aber nein doch, nach M geht es auf „autre coté“. Anderes Ufer, andere Küste, andersrum halt. Wie bitte? Wir rennen zurück, mittlerweile im Joggingschritt. Und in der Tat, wir entdecken ein Visitenkarten-großes Schild mit der Aufschrift „Correspondance Terminal 2E, L et M“. Also los. Endlose Gänge, viele Menschen, es ist 13:40. Noch 15 min. Wieviel Zeit bleibt uns wirklich? Und dann ist plötzlich alles vorbei – gedanklich. Denn an der Passkontrolle stehen tausende von Menschen. Und die blöde Tussi, die am Eingang „Priorité“ steht lässt uns trotz dringlichem Wedeln mit der Bordkarte nicht durch. Ich hab sie einfach umgehauen…. Nein, nein, die Dame ist zu sehr damit beschäftigt ist, andere Gäste abzuwehren, also mogeln wir uns unter dem Absperrband durch und stehen 2 min später vor der Passkontrolle. Ehrlich, das war die Rettung. Eine einzige richtige Entscheidung die unseren Urlaub rettet.

 Trotzdem ist die Geschichte noch nicht vorbei, es ist kurz vor 2 (noch 0 min bis gate closure) und wir freuen uns eigentlich schon, es endlich geschafft zu haben. Da stehen wir vor einer Tür, hinter der Busse abfahren. Wir sind nämlich erst in Terminal 2E/L und nach M müssen wir mit dem Bus. Wassolldas? Was fürne Scheiß Planung ist denn das? Wie kann man einen Flugplatz bauen, in dem man wichtige Terminals nur mit dem Bus erreicht? Und glaubt mir, wir sind hier nicht die einzigen, die es eilig haben. Also versuchen viele Leute in einen einzigen Bus zu klettern, was nicht funktioniert, weil dann die Türen nicht zugehen. Ich weiß immer noch nicht, was ich über sowas denken soll? Den Typen verstehen, der mit seinem Koffer auf dem Kopf noch versucht sich reinzudrängeln und damit alle anderen an der Weiterfahrt hindert? Würde ich nicht genauso da stehen, wenn ich das wäre? Schwere Entscheidung. Trotzdem gebe ich dem Typen einen kleinen Schubs – die Türen sind zu und wir sind gerettet.

Ja, wir haben es noch geschafft. Als wir am Gate ankommen ist das boarding noch in vollen Gange und natürlich sind französische Flugzeuge immer noch mehr verspätet als angesagt. Uff. Aber wir sind durchgeschwitzt und völlig am Ende und fallen glücklich in unseren (wirklich wunderbaren) Sitz.

 Und ehrlich, der Flug war die Wucht. Ein genialer Vin blanc mit einen fantastischen Essen, tolle Plätze auf dem Oberdeck, ein genialer Flug – wenn auch (glücklicherweise) 30 min verspätet. Wenn die Frau Pilotin das schöne Flugzeug nicht so auf die Landebahn geknallt hätte, dass ich heute noch Rückenschmerzen habe. Aber der Flieger hat wohl noch Garantie.

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