Mit dem Kreuzfahrer ans Nordkap (1)
3800 Seemeilen in 11 Tagen - 7 Stationen - 4 Tage Mitternachtssonne
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3800 Seemeilen in 11 Tagen - 7 Stationen - 4 Tage Mitternachtssonne
Wie kommt man am besten ans Nordkap? Da wollte ich schon immer mal hin und im Sommer die Mitternachtssonne sehen.
Also man kann natürlich Auto oder Wohnmobil fahren, das ist eigentlich meine bevorzugte Art zu reisen. Das wären aber 2804 km (sagt Google) und dafür braucht man schon einen langen Urlaub, denn dann will man ja auch was sehen von der Strecke. Klar, Man kann in 31 Stunden auch durchfahren, aber wer macht das schon (ok, ich kenn da jemanden, fällt aber unter Datenschutz). Also heben wir uns diese Fahrt mal für später auf. Fazit: Das wäre die schönste Art
Man kann fliegen, nach Trömsö über Kopenhagen und Oslo mit der SAS, dann ist man in unter 6 Stunden dort. Dann muss man nur noch lächerliche 510 km mit dem Mietwagen fahren. Ok, das geht schneller, ist jetzt aber nicht was für Urlaub. Das wäre aber die schnelle Art.
Wir haben uns für die gemütlichste und wohl einfach praktische Art entschieden. Wir fahren mit einem Kreuzfahrer, der uns von Kiel in 3 Tagen ans Nordkap bringt. Und da er auf der Rückreise einige nette Stationen ansteuert ist das doch mal einen Urlaub wert. Gesagt, getan. Wir sitzen derzeit auf der Costa Pacifica, steuern gerade die Lofoten an und sehen außer Meer und Sonne gerade nichts – was wundervoll ist denn einen weiteren Blick haben wahrscheinlich grade nur die 5 Bewohner der internationalen Raumstation. Naja – und die 4000 anderen Leute auf diesem Dampfer.
Und da war es wieder, unser Problem. Man sagt ja immer, es geht nicht schwarz und weiß, man kann etwas entweder lieben oder hassen, es geht nur richtig oder falsch. Hmm… – stimmt nicht. Kreuzfahren kann man lieben und hassen gleichzeitig. Da gibt es die wunderbaren Momente, in denen ich auf unserem Balkon sitze und die Landschaft bewundere, die man anders kaum zu sehen bekommt. Da gibt es dieses wunderbare Gefühl, wenn man zu zweit im Blubberbad (Jacuzzi) sitzt, ein Cocktail in der Hand (ok, das geht ehrlicherweise nur hintereinander) und sich einfach sauwohl fühlt. Oder mit einem Café und Croissant auf dem Balkon den Wellen zuschaut. Alles perfekt. Und da gibt es noch die rein praktischen Vorteile, dass ich meinen Schrank und mein Bett dabei habe für den ganzen Urlaub und immer woanders bin. Das ist halt ein bisschen wie mit dem Wohnmobil – immer woanders und alles dabei.
Wenn nur die vielen Leute nicht wären. Mit dem Wohnmobil sind wir üblicherweise da, wo die anderen nicht sind. Hier geht das nicht, denn die sind immer, aber auch immer dabei. Fast 4000 Menschen, das ist eine ganze Kleinstadt mit uns auf Reisen. Das ist schlimmer als Busreisen. Da, wo wir anhalten sind immer 4000 Menschen. Wenn es essen gibt sind da immer 4000 andere. Puh. Schon beim Einschiffen haben wir uns gefragt, warum wir uns das antun. Ein Chaos, wenn 4000 Leute in einem provisorisch aussehenden Terminal in Kiel alle gemeinsam aufs Schiff wollen. Das Durcheinander, wenn dann alle auf dem Schiff ihr Begrüßungsgetränk haben wollen. Ein Lärm, eine Unruhe, ein Chaos, schrecklich, laut…. Bumm – Kabinentür zu und es ist ruhig. Und dann können wir beginnen die schönen Momente zu sehen. Denn ja, mit ein wenig Mühe kann man sich dem Trubel entziehen und wir sind ziemlich gut darin. Ist ein wenig Aufwand, lohnt sich aber.
Gerade haben wir ein wunderschönes Frühstück auf unserem Balkon hinter uns. Obwohl wir bereits den 66. Breitengrad überquert haben ist es heute netterweise schön warm, sie Sonne scheint und die Schaumkronen tanzen auf dem Wasser. Es glitzert und plätschert und so schmeckt der Cappuccino gleich viel besser, das Schwarzbrot mit Ricotta und Gurke gewinnt durch die Salzluft einen besonderen Geschmack, selbst das süße Croissant (die spinnen die Römer) schmeckt hier. Ein wenig regelwidrig ist das schon, denn ich wurde belehrt, Frühstück in der Kabine geht nur mit (kostenpflichtigem) Room Service. Da ich aber weder italienisch noch englisch spreche antworte ich in fließendem Deutsch, was das Problem löst. Aber das Sprachenproblem erörtere ich gern ein anderes Mal. Fazit: Selbst frühstücken kann man allein mit herrlicher Aussicht.
Frühstück auf dem Balkon |
Noch ein paar Tipps gefällig? In die Spa grundsätzlich zur Mittagszeit gehen, wenn alle beim Essen sind. Dann hat man das Blubberbad, den Ruhetempel, ja selbst die Sauna mit Aussicht für sich allein. Man verpasst dann natürlich das Mittagessen aber über zu wenig essen kann man sich nun wahrlich nicht beschweren. Was übrigens ein großes Plus von italienischen Schiffen ist – das Essen ist nun mal echt genial. Jeden Abend gibt es etwas aus einer bestimmen Region Italiens – das ist echt Italien-Urlaub in Norwegen. Find ich toll.
Diese Sauna hat einen genialen Ausblick |
Oder so: Wenn alle anderen von Bord gehen, bleibt man einfach auf dem Schiff. Dann hat man den riesen Dampfer für sich allein. Das probieren wir morgen, wo alle ans Nordkap fahren um für 30 EUR Eintritt mit 3998 anderen Menschen diesen Metallglobus fotografieren wollen. Aber davon erzähle ich später.
Oder ganz anders – wenn alle einen Ausflug gebucht haben machen wir halt individuell. Das kennen wir schon von den Bahamas – wenn man sich nur 500m absetzt hat man Ruhe. Erstmal mussten wir natürlich das Austendern überstehen. Nummer ziehen, warten, in ein Tenderboot gestopft werden…und wir durften das gleich zwei mal machen weil ich den Geldbeutel vergessen hatte. Dabei wurde extra durchgesagt, dass man nur seine Costa Karte mitnehmen muss. Aber natürlich nicht, wenn man selber was unternimmt. Nicht schlau. Aber auch das haben wir geschafft, uns ein Wassertaxi genommen und zum Paddelbootverleih gefahren und 3 Stunden über den Geiranger Fjord gepaddelt. Allein. Was für ein Erlebnis. An den Wasserfällen vorbei (wow, sind die hoch). An den Felsklippen entlang (wow sind die hoch), mit Blick auf die schneebedeckten Berge (wow, die sind hoch). Mit dem Paddelboot kommt man sich winzig vor in diesem riesigen Fjord. Selbst unser großes Schiff verliert sich hier etwas. In Kiel hat es noch die gesamte Stadt dominiert, war omnipräsent, hier sieht es winzig aus innerhalb der anderen Maßstäbe, die hier gelten.
Jutta und Alex paddeln auf dem Geirangerfjord |
Unser Wassertaxi |
Die Costa Pacifica verliert sich in der Größe der Fjords |
Und da sind sie dann halt auch, wiese wunderbaren Momente, die das Kreuzfahren schön machen. Wenn das Schiff sich majestätisch durch den Fjord schlängelt, eine so gigantische Aussicht, das ich es immer noch nicht fassen kann. Schon um 5 sind wir aus dem Bett, weil der Blick einfach so irre war, dass man nicht mehr einschlafen konnte, wenn man die Augen aufmacht. Hell ist es hier immer, selbst wenn die Sonne hier südlich des Polarkreises noch unter geht, dunkel wird es nicht – es dämmert nur.
Bei diesem Ausblick kann man nicht schlafen |
So, gerade hat das Schiff gehupt, wir haben den Polarkreis überquert. Ab jetzt geht für uns die Sonne nicht mehr unter, d.h. sie sinkt nicht mehr unter den Horizont. Die Diskussionen über dieses Naturphänomen finde ich sehr anregend, aber davon erzähle ich euch das nächste Mal
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