Mit dem Kreuzfahrer ans Nordkap (4)

Mit dem Kreuzfahrer ans Nordkap (4)

Von Trondheim nach Kiel


Heute kommt der letzte Bericht. Wir haben Bergen verlassen und sind auf dem Weg nach Kiel.

Jetzt stellt sich die große Frage – welche Stadt ist schöner: Bergen oder Trondheim? Die Reiseführer bezeichnen beide Städte als „die schönsten Norwegens“, was eindeutig stimmt. Aber welche ist nun schöner? Da ich gerne eine persönliche, völlig objektive Meinung hier kundtun möchte habe ich gestern beim Essen eine repräsentative Umfrage an unserem Tisch durchgeführt. Das Resultat aus 6 Stimmen war 2:2 bei 2 Enthaltungen. Na prima, so kommen wir also nicht weiter. Da ich wie gesagt meine sonst so subjektive Meinung mal nicht in den Vordergrund rücken möchte habe ich eine Punkte-Matrix mit Bewertungsschema angelegt. Und da führt Trondheim knapp mit 27:26. Ihr seht, ich habe mir es nicht einfach gemacht und das Ergebnis ist auch denkbar knapp.


Bergen oder....



..... Trondheim


Ich erspare euch aber die gesamte Liste mit allen Unterpunkten und Gewichtungskoeffizienten und gebe hier nur das Management Summary ab: Bergen punktet mit seinem 350 m hohen Aussichtspunkt (Floyen), den man mit Bergbahn oder auch zu Fuß erreichen kann und einen wirklich spektakulären Blick auf die Stadt gewährt. Wir sind übrigens mit der Bahn rauf und zu Fuß runter, was ich auch mal als Insider-Tipp Bergen hier hinterlassen kann. Wer mehr Zeit hat kann auch beide Touren zu Fuß machen, der Blick von oben ist der Gleiche und ca 2 Stunden Sport tun ja auch gut. Die Ureinwohner von Bergen (keine Ahnung wie man die nennt, Bergenser?) machen das übrigens als Standard-Sonntag-Programm, viele sind uns in Jogging-Klamotten inklusive Picknick-Gepäck Kinderwagen-schiebend entgegen gekommen. In Bergen hab ich übrigens keine dicke Person gesehen. Ob das am regelmäßigen Sportprogramm oder an den hohen Lebensmittel und Alkoholpreisen liegt kann ich aber nicht sagen.

Der zweite Punkt für Bergen ist die wirklich genial erhaltene Holz-Altstadt Bryggen direkt am Hafen. Hier spürt man regelrecht, wie hier Fischer und Händler zur Hanse-Zeit ihre Waren eingelagert, verkauft und verschifft haben. Heute ist das übrigens noch genauso, auch wenn sich das Warenangebot auf 100% handgestrickte Norwegerpullis, Rentierfelle und Andenken in Elchdesign reduziert. Aber nein, das ist ehrlich sehr nett, die Geschäfte in den alten Häusern wirklich toll integriert und sehr, sehr einzigartig.

So, jetzt kommen noch 24 weitere Bergen Punkte, die auch Trondheim zu bieten hat. Nette Holzhäuser, enge Gassen, schöner Hafen, sieht aus wie Flensburg, es gibt Starbucks Sammeltassen (wir haben jetzt echt 2 neue Tassen und müssen unsere Küche vergrößern) usw.

Die Punkte für Trondheim? Es gibt einfach mehr zu sehen (die Holzhäuser, der Dom, die Königsresidenz usw) und der wirklich sehr gelungene alte Werftbereich (den ich mal als Hafencity Trondheims bezeichne). Aber das hatten wir schon. Und der Gewinner-Punkt? Den gibt es dafür, dass Trondheim einfach snygeligger ist. Ihr wisst schon, die Atmosphäre. Für den snygeliggen Charakter der Stadt gewinnt Trondheim knapp vor Bergen. Und he, das Gratis WiFi überall in der Stadt in Trondheim habe ich nicht mal dazugerechnet. Soll ja keiner behaupten, ich mache hier subjektive Äußerungen.

So, dann wäre das ja geklärt, es folgen eine Bilder aus Bergen, die die 26 Punkte klar machen sollten:






Ein wenig unfair mag es ja sein, denn in Bergen lagen 2 Kreuzfahrer, dadurch war es natürlich voller. Lustigerweise haben wir aber dank des zweiten Kreuzfahrers wieder eine „Sendung mit der Maus“ Episode. Als wir nämlich so beim Frühstück saßen ist uns aufgefallen, dass dieses Schiff da neben uns, die Viking Star, unserem Schiff wirklich sehr ähnlich sieht, obwohl es ja eine ganz andere Reederei ist. Aber in der Tat, es kommt aus derselben Werft wie unseres. Es kommt aus der größten Werft Europas und der größten Kreuzfahrerwerft der Welt. Und nein, die liegt nicht in Deutschland oder Norwegen sondern in Italien. Fincantieri heiß die Werft, baut 3-4 Schiffe im Jahr (!) und baut für Costa (logisch), Carnival, Disney, Royal Carribian, Viking und so ein paar andere. Wer hätte das gedacht. Die größte Werft Europas in Italien. Da haben wir doch wieder was dazugelernt.

 
Das Bild links stammt von vorgestern, aus der wie ich finde schönsten Ecke Norwegens. Wir haben Norwegen von Nord nach Süd durchkreuzt, waren schon mal 3 Wochen mit dem WoMo hier – ich darf also Meinungen über ieses Land abgeben – finde ich. Und eindeutig ist der Bereich Fjordnorwegen, also zwischen Stavanger und Alesund, der schönste Teil des Landes. Hohe, schneebedeckte Berge, Gletscher, tief eingeschnittene Fjorde mit grünen Abhängen. Auf der Karte kann man nicht erkennen, ob man auf einer Insel ist oder auf dem Festland. Wasserfälle überall. Schroffe Felsen. Tiefblaues Wasser. Und gerade mit einem Kreuzfahrer ist das natürlich ein tolles Erlebnis. Allein  die Einfahrt in die Fjorde ist so unglaublich spektakulär, dass es auf Bildern oder Videos nicht einzufangen ist. So gigantisch sind die Größenunterschiede, dass es bildlich nicht einzufangen ist (naja, wenn wir einen Hubschrauber dabei gehabt hätten wäre das schon möglich gewesen, dann wäre das Schiff als Größenvergleich schon ganz gut geeignet).

Aber seht hier selber und versucht euch ein Bild zu machen.








Wir waren also wieder um kurz nach 4 wach um die Einfahrt in den Isfjorden zu erleben. Der Himmel war (fast) blau, die Sonne stand um diese Zeit schon hoch am Himmel. Trotzdem verschwand sie immer mal gerne hinter den Bergen und hinterließ wunderschöne Lichteffekte auf dem Wasser und der gegenüberliegenden Fjordseite. Manchmal ist der Fjord so breit, dass man meint, man fährt auf die offene See. Aber nur um kurz danach wieder so schmal zu werden, das man Angst hat, unser Schiff kollidiert mit dem Felsen. Wenn es um eine Ecke geht denkt man, auf einem Bergsee zu fahren und fragt sich, wie der hier wohl wieder rauskommt. Ja, es lohnt sich hier um 4 aufzustehen und sie vollen 3 Stunden Fjordfahrt zu erleben. Würde ich immer wieder so machen. Und geschlafen habe wir, als wir da waren, in Andalsnes.

Hier noch ein Bild des Städtchens, zur Vollständigkeit.


 Und was kann ich als Abschluss, als Epilog schreiben?

Es war ne schöne Tour mit einer wunderbaren Mischung aus Landschaft und Städten. Wenn ich darüber nachdenke, war es immer im Wechsel – mal ein Tag in ner Stadt, dann wieder vor Anker in einem Fjord. Wirklich cool geplant. So haben wir wirklich viele unterschiedliche Eindrücke gewinnen können. Allerdings haben wir auch gelernt, dass der Norden Norwegens lange nicht so schick ist wie gedacht. Irgendwie ist mir das da zu karg, zu unwirtlich, zu viel Moos, zu wenig alles andere. Auch die Mitternachtssonne ist eher nervig als interessant. Ich zitiere mal aus einer Rückmeldung zu meinen Mails: Es ist immer wieder schön, zu Hause den Wechsel von Tag und Nacht, den Wechsel der Jahreszeiten zu erleben. Aber ist Urlaub nicht auch genau das? Sich zu freuen, dass man es zu Hause wirklich gut hat.

Ich habe bestimmt 3 kg zugenommen, trotz viele Stockwerke Treppen steigen (wir haben wirklich nie den Fahrstuhl benutzt), 20 km Fußmarsch durch Tromsö, trotz Jogging auf dem Deck. Es gibt einfach zu viel gutes Essen. Und das muss ich jetzt noch mal loben – geografisch sind wir durch ganz Norwegen gefahren und kulinarisch war es eine Reise durch Italien. Jeden Tag eine andere Region, das Essen so typisch wie schmackhaft. Ein Lob an den Küchenchef. Habe lange nicht mehr so gut gegessen. Und wir hatten wirklich super nette Tischnachbarn. Aus der Eiffel. Vielleicht war das Essen deshalb so gut, Stimmung gehört ja immer dazu. Und mal ehrlich, die beste Kreuzfahrt (mag sie noch so teuer sein) ist ja blöd wenn man neben Leuten sitzen muss, die man nicht mag. Lustigerweise haben wir die überall wieder getroffen, auf dem Schiff oder auch in der Stadt. Irgendwie hatten wir den gleichen Rhythmus. Selbst morgens früh auf dem Vordeck, waren sie die einzigen, die wir zu Gesicht bekommen haben.

Und zum Schluss jetzt noch das versprochene Bild aus dem Blubberbad, ich hatte gestern meine GoPro dabei. Und wir wissen ja, wann wir da oben alleine sein können.



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