FUERTEVENTURA
Januar 2016
Fuerteventura hat ja einen schlechten Ruf. Langweilig und uninteressant, nur für den Pauschal-Strandurlaub oder Surfer geeignet. Ehrlich, ich habe keine Ahnung warum die Insel zu einem solchen Ruf gekommen ist. Wahrscheinlich kommen die Strandurlauber nicht von ihrem Strand runter und die Surfer nie von ihrem Board, so dass niemand die Insel je gesehen hat. Denn die Insel ist deutlich schöner als gedacht. Dabei hat mich jeder vor meinem Abflug gefragt, was ich denn auf dieser langweiligen Insel soll. Erst nachdem ich sagte „ich will doch nur ein paar Tage Sonne genießen“ wurde ich verstanden. Komisch. Im Endeffekt waren wir häufiger unterwegs als gedacht und mir fallen auch noch genug Ziele auf der Insel ein, die ich in Zukunft mal näher unter die Lupe nehmen möchte. Ja, die Insel ist karg und trocken, teilweise wüstenartig und schroff und sie ist fast einfarbig ohne viel Vegetation. Aber genau das macht diese Insel doch aus. Hier ein paar Bilder, die die Insel gut beschreiben.
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Fuerteventura Impressionen |
Fuerteventura ist zusammen mit Lanzorote die älteste der 7 Hauptinseln des Archipels. Das ist der Insel anzusehen, die Erosion hat hier lange an der Insel genagt und gibt ihr das schroffe, vernarbte aber halt auch etwas trostloses Gesicht. Was wir hier aber an interessanten Gesteinsformationen gefunden haben hat mir den Atem verschlagen. Kunstvoll ausgewaschenes Gestein, wie Bildhauerei in einer Kirche. Eine Küste, geformt wie ein Kunstwerk. Wirklich ganz besonders hübsch und einzigartig. Sehen kann man solche Stellen an der Westküste der Insel. Am einfachsten ist es in Ajuj – hier kann man bequem mit dem Auto hinfahren, einen Drink nehmen, am Strand entlangspazieren aber halt auch den kleinen Weg am Meer entlang wandern. Dieser führt quer über diese Gesteinsformationen bis zu riesengroßen Höhlen am Meer. Ein kurzer, sehr interessanter Trip in die Geschichte der Insel.
Der Strand von Ajuy |
Wanderweg bei Ajuy |
Felsformationen |
Noch schöner, dafür aber etwas schlechter zu erreichen ist die Küste südlich von El Pared. Hier geht es nicht auf einem gut ausgebauten Weg mit Handlauf und Treppen an der Küste entlang, hier geht es auf Trampelpfaden querfeldein. Dafür bekommt man aber eine Einsamkeit geboten, die man auf einer Urlaubsinsel nicht erwartet. Hier findet man praktisch unberührte Strände, tief eingeschnittene Schluchten, wildromantische Badebuchten und halt die rauhe Westküste der Insel mit schwarzem Basalt, weißem oder tiefschwarzem Sand und braunem Sandstein, teilweise alles gemeinsam an einem Ort. Die Fahrt dorthin ist einfach, ein Parkplatz ist direkt am Meer an der Südseite des Ortes. Die Wellenreiter zeigen dort ihre Kunststücke und viele Anfänger dieser Sportart üben ihre ersten Ritte. Ein sehr schöner Platz.
Strand bei El Pared |
Hier ist es einsam |
Mein Lieblingsort dieser Insel sind aber eindeutig die Dünen des Nationalparks Corralejo. Kilometerlange Sanddünen, leicht geschwungen, ein ganz besonderer Anblick. Feinster, hellgelber Sand, der im Sonnenuntergang golden funkelt. Ich weiß immer noch nicht, ob man hier zu Fuß eigentlich hinlaufen darf, die Schilder fand ich weder eindeutig noch waren sie überall aufgestellt, vor allem an den Parkplätzen waren keine Schilder. Ich habe das mal als Aufforderung gesehen, die wunderbare Natur des Nationalparks besichtigen zu dürfen. Und was war das für ein schöner Moment, eine Stunde lang bei Sonnenuntergang barfuß durch die endlose Wüste zu laufen und auf einer einsamen Düne mit Jutta die untergehende Sonne zu genießen. Werde ich nicht vergessen. Was ich allerdings nicht rausgefunden habe: Warum sind die Dünen hier rund geschwungen (also wie eine Kuppel) anstatt wie bekannte Dünen oben eine klare Abrisskante zu haben? Ich mein, hier ist doch auch ziemlich windig, oder liegt es genau daran. Es gibt tausende Doktorarbeiten zum Thema „exogene geodynamische Prozesse und äolische Sanddynamik“, wobei aber nirgends dieser Unterschied thematisiert wird. Wer‘s weiß, schreibt mir bitte eine Mail.
Parque Nacional de Corralejo |
Und ja, natürlich hat diese Insel die bekannten irre langen Sandstrände, weswegen hier eigentlich jeder hinfährt. Auch hier kann man kilometerlang (wir haben 5 geschafft) am Wasser entlanglaufen und seine Füße dabei im erfrischenden Wasser baden. Der Sand ist auch hier makellos, feinkörnig und hell. Der Sand und das türkise Wasser haben mich an die Bahamas erinnert. Ehrlich, der Playa Sotavento im Süden der Insel ist dem Paradise Beach wirklich sehr ähnlich. Er ist nur sehr viel größer und das Wasser ist 10 Grad kälter. Optisch aber eine Wucht. Wie gesagt, wir sind hier 5 km „gewandert“, oder nennt man das auch bei dieser Strecke noch „Strandspaziergang“. Wir haben es auf jeden Fall ziemlich in den Beinen gespürt. Und wer will, kann die Strecke locker verdoppeln und dann wäre der Strand immer noch nicht zu Ende.
Playa Sotavento |
Endloser Strandspaziergang |
Auch im Norden ist der Strand nicht viel anders, wenn auch nicht so lang. Aber auch hier traumhafte Farben von Wasser und Sand. Und das Schöne an der Insel: Da der Ruf der Insel ja ziemlich versaut ist – es ist einfach ziemlich leer hier. Ich hätte nicht gedacht, dass wir hier fast einsam am Strand entlanglaufen können und man mit etwas Glück sogar ganz einsame Strände erleben kann. Auf einer Ferieninsel ist das ja nicht ganz normal. Ich habe mal ein wenig Urlauberstatistik gesucht, was übrigens nicht ganz einfach ist. Entweder die Zahlen sind uralt oder widersprechen sich. Selbst die letzte offizielle Statistik der Teneriffa-News aus dem Jahre 2014 gibt wenig her: 11 Mio Besucher auf den Kanaren, davon 5,4 allein auf Teneriffa. Sonstige Inseln ohne Zahlen. Also hab ich mal ein wenig geforscht und die verlässlichsten Zahlen scheinen von der Aena zu sein, der Flughafenbetreiber in Spanien. Hier gibt es ganz offizielle Zahlen und die sagen, dass die beiden Flüghäfen von Teneriffa 9,1 (Sur) und 3,8 (Norte) Mio Passagiere abgefertigt haben. Macht für Teneriffa 13 Mio Passagiere und da jeder ja einmal hin- und wieder zurück fliegt wären das 6,5 Mio Besucher. Rechnen wir mal eine Million für einheimische Besucher (und die paar La Gomera Touristen) ab kommt das mit den 5 Mio Gästen ja gut hin. Aber Gran Canaria meldet alleine fast 11 Mio Fluggäste, das wären dann ja mehr als 5 Mio Besucher dort, Lanzarote über 6 Mio und Fuerteventura meldet 5. Dazu noch La Palma mit einer Million. Mein Fazit: Auf die Kanaren fliegen jährlich 36 geteilt durch 2 ist gleich 18 Mio Menschen. Wow. Davon 6 nach Teneriffa und „nur“ 2,5 Mio nach Fuerteventura, obwohl die Insel ja 80% der Größe von Teneriffa hat. Damit ist geklärt, warum es im Vergleich hier so leer ist.
Richtig leer ist es übrigens im Inland der Insel. Da sich weder Strandlieger noch Surfer (Kiter, Wellenreiter) mehr als 100m vom Strand entfernen ist man im inneren der Insel eigentlich einsam. Außer man trifft einige TUI Busse, wenn die „Mein Schiff“ im Hafen von Porto Rosario liegt. Aber das ist nochmal eine andere Geschichte. Auf jeden Fall ist das innere des Landes eine Reise wert. Malerische kleine Dörfer aus dem 17 Jahrhundert mit niedlichen Kirchen, kleinen Museen und schönen Dorfplätzen. Irgendwie gemütlich und malerisch. Am besten haben uns die beiden Dörfer La Olivia und Betancuria gefallen. Ersteres haben wir besucht, letzteres haben wir wegen der oben genannten TUI Busse ausgelassen. Sah aber Schick aus, auch wenn wir nicht angehalten sind. Ein Dorf in den Bergen. Übrigens Berge: Fuerteventura gilt als flach. Nun ja, das ist relativ zu den anderen kanarischen Inseln wirklich nicht viel, für einen Schleswig-Holsteiner sind mehr als 800m hohe Berge aber nicht flach. So ist auch die Reise über die Berge über den 645 m hohen Pass „Morre Velosa“ eine wirklich schöne Erfahrung mit toller Aussicht. Also, auch das Inland ist jetzt nicht hässlich.
Was mir persönlich besonders gut gefallen hat: Die Windmühlen – also die historischen. Zeugen sie doch schön von dieser windigen Insel. Leider sind die meisten Mühlen zerstört, nur wenige sind aus touristischen Gründen erhalten worden. Das find ich schön, denn ich finde die Mühlen wirklich sehr fotogen. Nur deshalb sind wir übrigens in den Ort „Los Molinas“ gefahren, und haben doch tatsächlich eine schöne Mühle gefunden.
Los Molinos |
Der Rest des Ortes ist trotz einer eigentlich schönen Bucht eher hässlich. Was eigentlich auch der einige Punkt ist, den ich an der Insel auszusetzen habe. Es gibt leider viele hässliche, zugemüllte, unaufgeräumte oder einfach nur Ecken, die irgendwie grässlich aussehen. Das liegt zum einen an den sehr vielen Bauruinen, die hier entweder Pleite gegangen und zerfallen sind oder nie zu Ende gebaut wurden und nun planlos in der Landschaft rumstehen. Ich habe keine Ahnung, wer vor wievielen Jahren auch immer irgendwelche Betonburgen mitten in der Insel als rentabel geplant haben soll – jetzt ist es einfach nur hässlich. He Leute – räumt eure Insel mal auf und macht Marketing mal außerhalb von All-Inclusive Strandurlaub.
Fuerteventura hat noch einen anderen, schönen Vorteil Es ist nicht weit von seiner Nachbarinsel entfernt, die Fähre dorthin braucht gerade mal 25 Minuten. Also gibt es im Urlaub gleich 2 Inseln auf einmal…. Und Lanzarote ist dank seiner doch recht jungen Vulkane sehr spektakulär. In der Tat ist der Timanfaya Nationalpark auf jeden Fall eine Reise wert – man bekommt doch einen wirklich schönen Eindruck vom Vulkanismus dieser Gegend. Die 9 Eur Eintritt für den Nationalpark sind ok und die Busfahrt durch den Park ist inklusive. Die bekannten Vorführen mit dem brennenden Gestrüpp, dass sich von selbst entzündet oder das Wasser, welches in den Boden geschüttet einen Geysir bildet fand ich jetzt weniger schick, aber ok. Was ich aber wirklich ganz toll fand war das Besucherzentrum des Parks. Ein wunderschönes und in die Lavalandschaft integriertes Museum, dazu Holzbrücken über das Lavagestein zum selbst durchlaufen. Sehr schön gemacht, keinesfalls verpassen. Wir werden die Insel sicher nochmal besuchen – dann aber etwas länger.
Timanfaya Nationalpark |
Und zu aller Letzt noch etwas zu unserem Ferienort Corralejo. Nicht, dass der Ort besonders hübsch wäre, aber er hat trotzdem etwas Nettes. Ja, er hat auch die übliche „Touri-Straße“, die es auf der ganzen Welt gibt (das hab ich ja schon mal in Mexiko hier beschrieben), aber aus 2 Gründen ist es hier doch ganz nett. Einerseits ist es ein gewachsener Ort mit einem alten Fischerhafen, der dem Ort etwas Atmosphäre verschafft. Natürlich gibt es hier keine Fischer mehr, oder kaum noch, aber die Hafenpromenade mit den vielen Kneipen zeugt noch ein wenig von der alten Hafenidylle, wenn man denn sehr viel Phantasie hat. Zusätzlich hat der Ort durch die vielen Surfer halt irre viele Lounge-Bars, die es irgendwie schaffen eine bessere Laune zu verbreiten als Currywurstbuden. Mit viel bunten Lichtern, Loungemusik und Surferdeko schmeckt der Mojito doch gleich besser. Wir können den Ort auf jeden Fall empfehlen und würden glatt wieder dort wohnen.
Und hier noch das Video
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