Mein erstes Erlebnis mit dem Bodensee ist ambivalent. Also gespalten, widerspüchlich, teilweise sehr uneindeutig. Und das liegt nicht am schönen Bodensee selbst - aber dazu gleich mehr.
Strahlend bleuer Himmel, im Hintergrund die schneebedeckten Alpen, 24 Grad Lufttemperatur, es könnte besser nicht sein. Wir haben uns ein Paddelboot gemietet und paddeln auf diesem wunderschönen See Richtung Lindau. Es ist fast windstill, die Luft klar, Lindau bietet eine wirklich wundervolle Kulisse. Toll. Könnte eigentlich kaum besser sein. Den See erlebt man im Boot natürlich besonders schön, denn so einen See, den muss man immer von der Wasserseite entdecken. Da gibt es natürlich viele Optionen: Man kann mit den Ausflugsdampfern fahren. Und he - bin ich froh, dass ich das generell ausgeschlossen habe. Warum? Dass kommt später im Text. Dann kann man sich natürlich diverse Boote leihen. Motorboot? Nun ja, ab 6 PS braucht es ein Bodenseeschifferpatent (das heißt echt so) und mein Sportbootfüherschein Küste ist hier nichts wert. Schade, wäre ja eine Alternative gewesen. Es gibt natürlich auch Mietboote mit 5,9 PS zu mieten, aber irgendwie war mir das zu blöd. Segeln? Blöderweise braucht es aber auch für ein Segelboot mit mehr als 12 qm Segelfläche ein Bodenseeschifferpatent. Und eine so kleine Jolle wollten wir dann auch nicht mieten. Also haben wir uns für ein Kajak entschieden, was netterweise auch noch eine gelungene Sporteinlage bedeutet. Ich kann das empfehlen, man bekömmt auch wirklich schöne Eindrücke von diesem See. Und im Paddelboot merkt man dann auch, wie groß dieser See ist.
So, das sah doch jetzt alles schick aus, warum den nun ambivalent? Das ist eigentlich ganz einfach zu erklären. So schön Lindau von der Wasserseite aussieht, so gräßlich ist es mittendrin. Das liegt in keiner Weise an der Stadt Lindau selbst, auch nicht an der Insel und schon recht nicht an dem wunderschönen Hafen. Es liegt ganz einfach daran, dass hier scheinbar jeder hin will. Üblicherweise drehen wir ja gleich wieder um, wenn Google Maps rote Straßen anzeigt. Und das Parkleitsystem null freie Plätze anzeigt. Wir hatten auch einen super Tipp: Trotzdem zum P5 fahren, da ist immer was frei. Denkste. Blöderweise ist P5 ganz am Ende der Insel und dort hin- und wieder weg zu kommen ist ein Abenteuer. Also müssen wir zum Außenparkplatz P1 Das ist normalerweise der Moment, wo ich denn wirklich Reißaus nehme, irgendwo hin fahre wo es leer ist und beschaulich. Stau brauch ich nicht im Urlaub. Aber aus irgendeinem blöden Grund bleiben wir hier und genau in dem Augenblick als ich wieder los fahren will bietet und eine nette Schweizerin einen Parkschein an, er noch gültig ist. Wieso habe ich den nur angenommen? Der Shuttlebus fährt gefühlt 30 Minuten in die Stadt und nach einer Ewigkeit (in Realität war es genau eine Stunde) sind wir in der Stadt. Wie will Lindau dieses negative feeling je wieder wett machen. Ist es wirklich so schön, wie die tausenden anderen Menschen hier zu glauben scheinen?
Antwort: Nein, ist es nicht. Es ist eine normale Stadt in Bayern, ganz hübsch, aber nicht Wow. WIrklich schön ist der Hafen, der aber von der Seeseite noch viel schöner aussieht. Selbst die Füßgängerzone bietet einen merkwürdigen Mix aus teuren Boutiquen, Billig-MrWok Restaurants, falsche Biergärten (mit Currywurst) und allerlei untypischem Tourismus Das beste in Lindau war eigentlich der Kartoffelsalat vom Metzger Kleiber. Aber den gibt es auch in Memmingen.
Ja, ich fand Memmingen viel schöner, da waren wir am nächsten Tag. Da war es typisch, da war es schick, das hat mir gefallen. Und da in der Nähe, bei der Kronburg, gibt es auch einen typischen Biergarten mit lecker Bier (mein neues Lieblingsbier) und lecker Schweinsbaten mit Knödel (Ausprache: Schwainzbradn mid Kneedäl)
Fazit: Der Bodensee ist toll, Lindau aber nicht. Und Memmingen ist unterbewertet.
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