Mit dem Wohnmobil durch Island - 7 Wochen Rundreise - Teil 6 - Vik bis Kirkjubæjarklaustur

Teil 6 - Vik bis Kirkjubæjarklaustur
Strände, Berge und Canyons


Heute hat es uns erwischt. Genau bei unserer Wanderung, natürlich genau in der Mitte, schlägt das Wetter schlagartig um. Eben haben wir noch tolle Bilder der Gegend gemacht, Sekunden später stürmt es wie verrückt und der Regen kommt waagerecht. Gegen den Wind zu laufen ist kaum mehr möglich, die Regentropfen schmerzen auf der Haut und selbst das Atmen fällt schwer. Wir sind in kürzester Zeit durchnässt und kämpfen uns heimwärts. Haben wir überall gelesen, steht auf jeder Internetseite (Be prepared for sudden weather changes). Wenn man es dann erlebt ist es aber schon irre. Es war ein sehr intensives Erlebnis. Island pur. Die Wanderung war aber ein Traum. 10 km den Berg Reynisfjall rauf, von dem hat man einen irren Blick auf die ganzen Naturwunder hier. Und wir wussten ja, dass der Sturm kommt, deshalb bleiben wir 2 Tage hier in Vik und warten, bis es wieder besser wird.

Wanderung auf den Berg Reynisfjall
mit Blick auf die Felseninsel Dyrhólaey
Das Städtchen Vík í Mýrdal (dt. “Bucht am sumpfigen Tal”) ist ein kleiner Ort von nur 400 Einwohnern, der aber seit letztem Jahr durch den Tourismus irgendwie doppelt so groß geworden ist. Es entstehen viele Hotels, auch ein größerer Supermarkt und eine Wollstrickerei samt Verkauf und Strickerei der bekannten isländischen Firma IceWear sind seit kurzem hier angesiedelt. Wir haben uns Angora-Wollhosen gekauft und ein schönes Stirnband. Island Pullover waren traumhaft schön, sprengen aber die Reisekasse. Dafür waren wir heute schon schwimmen, die Stadt hat ein nettes, kleines Schwimmbad mit schönem Blick aufs Meer. Und im Hot-Pot habe ich Konversation betrieben, so wie man das hier macht. Ich habe eure Fragen zum Thema Fußball beantworten lassen - dazu aber später Details.

Wir sind ja aber in Vík wegen der Naturwunder, die wir heute bei der Wanderung gesehen haben. Gestern waren wir mit dem Auto dort, jetzt haben wir auch wirklich alles gesehen hier. Der bekannte, tiefschwarze Strand von Vik ist nur 500 m vom Campingplatz entfernt und ein schönes Ziel für einen Spaziergang. Hier toben die Wellen des Atlantik und bieten einen schöne Kulisse. Im Hintergrund sind von hier die bekannten drei schwarze Basaltnnadeln im Meer zu sehen: Die Reynisdrangar: „Skessudrangur“, „Landdrangur“ und „Langsamur“. Nach der Legende wollten hier Trolle ein Schiff ans Land bringen und wurden dabei versteinert. Dabei ist Vik sehr ungewöhnlich was das Thema Schiffe angeht, es ist eine der wenigen Küstenstädte ohne Hafen. 

Blick auf den Strand Reynisfjara
13 km westlich von Vík liegt die Felseninsel Dyrhólaey. Der Name bedeutet “Türloch” und von oben betrachtet wird der Name schnell klar. Ein riesiger Torbogen im Meer gibt ein imposantes Bild ab. Bei ruhigem Wetter können hier Schiffe hindurch segeln, ein Flugzeug ist hier schon wagemutig hindurch geflogen. Von dem 115 m hohen Kliff hat man einen fantastischen Blick auf die Strände, die Felsnadeln im Meer und den Gletscher Mýrdalsjökull im Landesinneren.Die Gegend hier ist auch für den Vogelreichtum bekannt, Papageientaucher, Möwenkolonie und Seeschwalben bevölkern die Felswände im Sommer. Papageientaucher haben wir aber leider keine gesehen.

Dyrhólaey
Bevor es für uns weiter ging haben wir am Strand Reynisfjara noch gefrühstückt und sind ein paar hundert Meter am Strand entlang spaziert. Denn schön früh morgens kommen hier die Tourbusse an und entladen ganze Heerscharen an Besuchern. Da aber alle nur die Basaltfelsen sehen wollen sind wir am Strand völlig allein. Dabei ist der endlose Strand mit seinen meterhohen Wellen hier die Attraktion. Basalt gibt es hier überall und im Norden der Insel noch viel spektakulärer. Aber das kommt noch. Wir genießen also die Einsamkeit am Strand. Ich fliege 2 Batterien meiner Drohne leer, denn der Wind ist so schnell verschwunden, wie er gekommen war. Ich fliege diesmal über 100 m hoch und mehr als 500 m weit. So langsam bekomme ich mehr Erfahrung. Und dann geht es wieder ins Schwimmbad, die müden Muskeln von der Wanderung gestern etwas ausschütteln.

Lange Strandwanderung

Reynisfjara

Alle wollen Basalt sehen

Reynisdrangar von oben

Und weiter geht es zur letzten Etappe unserer Tour 2. Der Ort Kirkjubæjarklaustur. Auf dem Weg hierher gibt es nochmal 2 ganz besondere Highlights: Das Lavafeld Eldhraun und der Canyon Fjaðrárgljúfur. 

Das Lavafeld ist das drittgrößte zusammenhängende Lavafeld der Erde. Es entstand 1783/84 in nur 8 Monaten bei einem verheerenden Ausbruch des Laki-Kraters. Aus etwa 130 Kratern wurde eine Lavamasse von ungefähr 14,7 km³ Lava ausgestoßen, die eine Fläche von 600 km² bedeckte. Die Isländer haben für diesen Ausbruch einen eigenen Namen: Móðuharðindin (dt. “Dunstnot”). Der Ausbruch verwüstete große Teile Islands und hatte durch die große Aschemenge Auswirkungen auf das Klima in ganz Europa. Die Isländer behaupten, die französische Revolution 5 Jahre später sei durch den vulkanischen Winter mit Missernten und Hungersnöten eingeleitet worden. Heut ist das Lavafeld Eldhraun wunderschön anzuschauen. Es ist mit einer dicken Moosschicht überzogen und hat dadurch sehr interessante Formen. Die großen Brocken der Aʻā-Lava mit dem dickem Moos überzogen geben ein einzigartiges Bild ab. Da wir in der Lava-Ausstellung in Hvolsvöllur waren wissen wir, dass der Term Aʻā-Lava nichts mit dem Aussehen zu tun hat (auch wenn es genau so aussieht), sondern das Hawaiianische Wort für “steinig” bedeutet und der offizielle geologische Begriff für diese Lavaart ist. In deutsch wird sie auch Brockenlava genannt, in Island nennt man sie apalhraun.

Mooslava
Und zum Schluss der Tour noch eine weitere Naturschönheit. Der Canyon Fjaðrárgljúfur. Er ist nur 2 km von der Ringstraße entfernt, aber von dort überhaupt nicht zu sehen. Der Canyon ist 100 m tief und 2 km lang. Der Fluss Fjaðrá hat sich hier über Jahrtausende in das Palagonitgestein gegraben und hinterließ wirklich sehenswerte Gesteinsformationen. Wir laufen hier den einen Kilometer bis zur Aussichtsplatform, leider kann ich meine Mavic hier nicht nutzen, weil der Wind wieder zu stark geworden ist. Schade, denn hier im Canyon würde es schöne Bilder geben. 

Fjaðrárgljúfur

Danke auch für die Fragen zu Island. Der Onkel Helmut bekommt einen extra Punkt und liegt bei der Vergabe des kostenlosen Reiseführers mit Widmung ganz weit vorne. Wer mitmachen möchte schickt mir Fragen, die es dann in den Resieführer schaffen

Die meisten Fragen derzeit beziehen sich auf die Fußballmannschaft, was nun für den Reiseführer jetzt nicht so relevant ist.  Leider kann ich dazu auch wenig sagen, weil ich von diesem Sport keine Ahnung habe. Isländer kann ich auch keine fragen, die schauen ja alle Fußball. Aber meine eigene Theorie: Isländer sind generell sportbegeistert. Wie bereits erwähnt, fing das alles so um 1900 an, als man das Schwimmen als Kulturgut erkannte oder es in der Tat das einzige war, was man hier im Regen und Winter unternehmen kann. Warmes Wasser gibt es ja auch genug. Heutzutage steht neben jedem Schwimmbad ein Sportzentrum mit allem Schickimicki, üblicherweise eine riesige Halle vom Typ “Fabrikbau”. Gerne auch ein Fußballfeld nebenan. Der Isländer geht zum Sport, weil es hier nichts anderes gibt. Man trifft sich hier und kommuniziert. Die Hauptsportarten sind Schwimmen, Handball, Fußball und Golf (Reiten gilt als Fortbewegung und nicht als Sport). Sport bedeutet in diesem Land viel mehr als in anderen Ländern üblich. Soweit die Fakten. Nach meiner Theorie kommt nun noch dazu, dass der Isländer sich gerne als übernatürlich sieht. Was ich persönlich verstehen kann, denn wer es in diesem Breitengraden aushält darf sich gern als etwas Besonderes sehen. Und dann noch eine Theorie: Wer in diesem Wetter Fußball spielen kann, für den ist ein Lionel Messi ein Witz. Jeden Windhauch hier nennt man in anderen Erdteilen Sturm. Der isländische Kicker muss also immer darauf gefasst sein, dass der Ball sonstwo hinfliegt und daher jedem Ball hinterherlaufen muss. Für einen Torhüter ist ein Erdbeben oder ein Vulkanausbruch gefährlicher als ein Elfmeter. Aber wie gesagt, das ist meine Theorie. Aber gerne noch ein paar Fakten: Die isländische Liga nennt sich “Pepsideild” - der jeweilige Sponsor gibt den Namen vor. Gewinner ist immer entweder Reykjavik oder Hafnarfjördur. Beide Städte liegen 1km auseinander. Ist also immer ein Derby. Es gibt 12 Mannschaften. Wobei ich mich frage, wie Städte mit 400 Einwohnern eine Erstliga-Mannschaft zusammen bekommen. Der Zuschauerschnitt pro Spiel beträgt 1100 Besucher, das meistbesuchte Spiel ist das Derby, wo schon mal 3000 Besucher kommen. Was einem Prozent der Einwohnerzahl des Landes entspricht. Zum Vergleich - in Deutschland müssten dann 800.000 Leute ins Stadion kommen. Ich habe aber heute im Schwimmbad einen Isländer befragt. Seine Antwort: Es spielen alle ab Kindesalter Fußball und werden schon in der Schule von richtigen Trainern betreut. Der Trainer einer Ligamannschaft ist UEFA zertifiziert und trainiert halt auch die Jugendmannschaften. Außerdem kennen sich alle Fußballspieler aus der Schule und spielen schon Ewigkeiten zusammen. Das ist also die offizielle Aussage eines Isländers. Zum Ende sagte er aber auch: “Wir haben halt einfach viel Glück”.

Zweite Frage: Trinkt der Isländer Wein? Und wie ist sein Verhältnis zum Alkohol? Oha. Das ist eine komplexe Frage und hat auch viel mit Geschichte und Kultur dieses Landes zu tun. Die Isländer haben ein sehr besonderes Verhältnis zum Alkohol. Entweder viel oder gar nichts. Das Konzept von einem Feierabendbier oder einem Glas Wein zum Essen ist dem Isländer teilweise noch fremd. Das führt dazu, dass man am Wochenende in Reykjavik nicht weniger betrunkene Kneipengänger antrifft als in Berlin, wer in der Woche aber ein Glas Rotwein trinkt als Alkoholiker gilt. Bei den Alkoholpreisen in Island gilt nämlich: Entweder es lohnt sich richtig oder es macht keinen Sinn. Die Alkoholpreise sind in Island wirklich happig. Eine Dose (richtiges) Bier kostet 4 EUR, eine Flasche einfacher Wein 25, eine Flasche bekannter Whisky mehr als 100. Selbst das isländische Nationalgetränk, der Brennevin kostet 60 EUR die Flasche, obwohl es einfacher Kartoffel-Kümmelschnaps ist. Er wurde zum Kult erhoben, nachdem die Regierung ihn in “schwarzer Tod” umbenannte und daher das Etikett bis heute schwarz ist. Zu bekommen ist Alkohol nur in den staatlichen Vínbúðin-Läden (dt. “Weingeschäft), die auch abenteuerliche Öffnungszeiten haben. Umgangssprachlich werden die Läden ríkið (dt. “der Staat”) genannt. Wenn der Isländer also sagt, “ich gehe jetzt zum Staat” - dann kauft er Alkohol. Und in der Tat ist die Geschichte des Alkohols in Island sehr besonders. 1915 wurde Alkohol komplett verboten. Wein und Spirituosen wurden aber 1935 wieder erlaubt, weil die Spanier auf Weinhandel im Gegenzug zum Fischhandel drangen. Bier blieb aber weiterhin verboten und so kam es zu der einzigartigen Situation, dass Schnaps getrunken werden durfte, Bier (ab 2,25%) aber nicht. Was wiederum dazu führte, dass mit Aufkommen des alhoholfreien oder Leichtbiers in den achziger Jahren die Isländer erst einen Schnaps tranken und dann mit dem Leichtbier nachspülen. Dieses absurde Verhalten führte dann tatsächlich zur Legalisierung des Biers am 1.März 1989. Dieses Datum kennt jeder Isländer genauso gut wie den Nationalfeiertag. Leichtbier bis 2,25% gibt es übrigens im Supermarkt, das trinken wir auch üblicherweise (uns schmeckt das) und das kostet auch nur 60 cent den halben Liter.


Und die Frage zum Campervolk ist einfach. Sind alle aus Deutschland. Nein, das wäre jetzt zu einfach gesagt aber in der Tat sind die Deutschen deutlich in der Überzahl. Danach kommen die Franzosen und Schweizer, der Rest verteilt sich auf alle anderen europäischen Länder, aber auch wirklich alle. Wer gerne verschiedene Sprachen hört, der kommt hier her. Generell sind Chinesen und Amerikaner in der touristischen Überzahl. Chinesen sind aber meist in den Tourbussen, campen ist aber selten - auch wenn wir einige junge Chinesen mit Campervan getroffen haben. Die Amis sind lieber in dicken 4x4 Fahrzeugen unterwegs und nächtigen wohl in Hotels. Interessanter als die Nationalitäten sind übrigens die Campingfahrzeuge. Hier gibt es ungewöhnlich viele Mini-Camper auf VW-Caddy oder Renault Kangoo Basis. Eigentlich ein Bett auf Rädern. Das liegt einzig und allein an den astronomischen Preisen hier. Ist bei dem Wetter hier ein wenig abenteuerlich, aber wer es mag….

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