Teil 9 - Laugarfell bis Seyðisfjörður
Sturm, Wald und Einkaufen
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Aus dem Hochland wieder runter - um 4 Uhr morgens |
Wo hörte der letzte Blogeintrag auf? Windwarnung, könnt ihr euch noch erinnern? Wir schon. Was in Island “Moderate Wind Warning” bedeutet heißt bei uns “Orkan”. Und in der Tat war es genau das - ein Orkan. Wind wird in Island - warum auch immer - überall in m/s angegeben (wer weiß warum schickt mir ne Info). Es ist auch das einzige Land was ich kenne, wo Digitalanzeigen an den Straßen stehen und die Windstärke anzeigen. Ab 25 m/s soll man nämlich sehr vorsichtig sein, Mietfahrzeuge müssen dann stehen bleiben. Wir hatten 35 m/s. Das ist eine glatte 12 Bft. Es hat sich angefühlt wie Odins Hammer. Unser Wohnmobil schüttelte sich wie ein Hengst, obwohl wir ihn in den Wind gedreht haben. Schlafen war eh nicht mehr möglich und so haben wir uns entschlossen das Hochland vorzeitig zu verlassen, der Sturm sollte nämlich noch aufdrehen. Auf dem Weg sahen kleine, keine 100 m breiten Seen (eigentlich Pfützen) aus wie der Atlantik. Da es in Hochland weder Bäume noch Sträucher gibt,ist außer dem umherfliegenden Wasser und Staub nichts zu sehen, was den Wind irgendwie erkennbar macht. Nun kam der Wind netterweise von hinten, so dass wir bei einer Fahrgeschwindigkeit von 50 km/h nur noch die Hälfte von hinten hatten. Und unten im Tal war es dann auch schon viel ruhiger, auch wenn sich die Bäume wie wild gebogen haben. Nach wenigen Stunden reduziert sich hier unten die Sicht auf praktisch null, weil der Staub von Hochland hier her weht. Eine passende Warnung (Sand Storm Warning) auf mein Handy ist angekommen. Denn das muss man den Isländern lassen, das Warnsystem funktioniert toll. Auf safetravel.is werden alle Warnungen, ob Stürme, Vulkanausbrüche oder Erdbeben zuverlässig angekündigt. Aber wir haben es ja hinter uns. Wir haben uns dann einfach am Lagarfljót in den Wald verkrümelt. Ihr erinnert euch? Da sind am Sonntag die Isländer. Aber heut ist ja Montag und der Platz ist leer. Also total leer. Lustig.
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So sieht ein Windwarnschild in Island aus: Wtndrichtung, Stärke, Temperatur, ganz rechts in Böen - rot wenn mehr als 15 m/s |
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Unser Stellplatz am See - nach dem Sturm |
Wir haben dann nach 2 Wochen alles wieder auf Vordermann gebracht, denn die nahe Stadt Egilsstaðir ist die größte Stadt Ostislands und hat sagenhafte 2.500 Einwohner. Was heißt - hier gibt es alles. Supermarkt, Tankstelle, Vínbúðin. Brauchten wir alles. Also wieder alle Vorräte aufgefrischt, eine isländische Gasflasche gekauft, denn wir verbrauchen hier 11 kg Gas in 2 Wochen. Wir heizen viel, wir kochen viel und der Kühlschrank ist voller Lammfleisch, also kühlen wir auch viel. Aber unsere Angst war unbegründet. man bekommt in Island völlig easy und auch nicht so irre teuer eine lokale Gasflasche die auch an unseren Schlauch passt (mit Dichtung, die gibt es dazu). Und unser Auto haben wir auch gewaschen, denn das sah nach dem Sandsturm aus wie eingepudert. Unser Abblendlicht hatten wir auf den Schotterstraßen scheinbar totgeschüttelt, das musste ersetzt werden. Und im Vínbúðin haben wir Wein, denn der endlich waren wir mal während der Öffnungszeiten hier. Wir haben sogar bekannten Wein für unter 12 EUR die Flasche gefunden, was ich gar nicht soooo übel finde. Also gibt es jetzt doch wieder Wein zum Käse, sehr schön.
Interessanterweise hat sich der schöne Platz am See jetzt doch wieder mit Isländern gefüllt. Natürlich haben wir nachgefragt warum das mitten in der Woche so ist - es liegt am Wetter. Hier in Island ist gerade das beste Wetter seit Jahrzehnten, blauer Himmel und 20 Grad. Also packt jeder seinen Grill ein (die Isländer grillen sehr gerne) und hier am See und im Wald wird dann das schöne Wetter genossen. Tun wir übrigens auch, wir hätten nie gedacht, dass wir so oft draußen sitzen. Wir hätten sogar mit gegrillt, haben aber gar keinen Grill dabei. Und noch ein Satz zum Thema Wald hier: Der fehlende Wald ist nicht unbedingt eine Laune der Natur, sondern Menschengemacht. Island war früher zu 60% mit Wald bedeckt, wurde zur Siedlungszeit aber abgeholzt. Und es dauert ewig, bis hier Bäume nachwachsen. Aktuell wird viel dafür getan, den Wald in Island wieder aufzuforsten, in dem Klima dauert das aber. Trotzdem können wir hier die positive Entwicklung perfekt sehen.
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Der größte Wald Islands |
Und zum Schluss fahren wir noch nach Seyðisfjörður (dt. “Fjord der Feuerstelle), einem schönen, kleinen und gepflegten Ort am gleichnamigen Fjord. Nicht nur der Ort selbst, die Anreise dahin über die 27 km lange Passstraße und Hochebene Fjarðarheiði bis auf eine Höhe von 630 m haben uns fasziniert. Die Eisflächen auf dem tiefblauen See Heiðarvatn sehen aus wie Eisberge. Von Egilsstaðir geht die Straße in einigen Serpentinen schnell in die Höhe. Schon nach kurzer Zeit haben wir einen irren Blick in das Tal mit der Stadt Egilsstaðir und dem See Lagarfljót hinter uns . Oben angekommen zeigen sich die schneebedeckten Gipfel der Berge um uns herum und die Gegend wirkt ein wenig unheimlich und wir scheinen in einer anderen Welt zu sein - obwohl wir vor 15 Minuten noch mitten in der größten Stadt Ostislands waren. Auf der Fahrt wieder abwärts nach Seyðisfjörður geht es immer am Fluss Fjarðará entlang, der nicht mit Wasserfällen geizt. Der besonders schöne Gufufoss (dt. “Dampfwasserfall”) liegt direkt an der Straße. Kurz danach sehen wir das erste Wechselstromkraftwerk Islands, dass hier am Fluss 1913 errichtet wurde. Auch die erste Telegraphenstation wurde hier 1906 errichtet und ein Unterseekabel nach Schottland verlegt - Island hatte seine erste Telefonzentrale und Verbindung mit dem Ausland. Die Stadt selber mit ihren Lage am Fjord zwischen hohen Bergen ist schmuck hergerichtet und hat eine gemütliche Ausstrahlung. Das mag daran liegen, dass der Tourismus im Vergleich zu anderen Orten hier stärker Einzug gehalten hat, denn jeden Donnerstag kommt hier die Fähre Norröna der Smyril Line aus Dänemark an.
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Auf dem Pass Fjarðarheiði |
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Seyðisfjörður |
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Seyðisfjörður |
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Gufufoss |
Noch ein Hinweis: Unsere Reise auf der Karte könnt ihr gerne
hier nachvollziehen.
Und wieder eine Leserfrage, es dreht sich um Autos auf Island. Also was hier so gefahren wird. Nun, so einfach ist das trotz intensiver Recherche auf dem Supermarkt-Parkplatz gar nicht. Denn welches Auto gehört einem Isländer, welches einem Touristen? Es befinden sich derzeit mehr Touris auf der Insel als Einwohner.Also sind auch Mietautos in der Recherche enthalten. Die Antwort ist recht klar: Der Isländer fährt 4x4. Was bei diesem Land auch Sinn macht, denn wenn man mal in die Natur will muss schon mal der eine oder andere Fluss gefurtet werden. Und Schotterpisten gibt es zu Hauf, von den üblen Hochlandpisten mal ganz abzusehen. Und das gilt im Sommer. Im Winter sieht es hier noch mal anders aus. Fazit: Toyota LandCruiser V8 ist das Fahrzeug, was man hier am meisten sieht, aber auch preisgünstigere Alternativen von Japanern, Koreanern oder USA-Marken. Oder der Klassiker, der Land Rover aus Britannien. Deutsche Fahrzeuge sieht man recht selten hier, das liegt aber sicher daran, dass wir auf dem Offroad Markt nicht so richtig mitspielen. Beliebt sind allenfalls MAN oder Mercedes LKWs als WoMo umgebaut. Der beliebteste Kleinwagen ist klar der Suzuki Jimmy. Wer übrigens keinen 4x4 fährt der fährt einen japanischen oder koreanischen SUV. Durch die dicken Autos ist das Tankstellennetz in Island dichter als die McDonalds Dichte in den USA. Sprich - die gibt es überall. Also außer im Hochland. Sonst ist an jeder Ecke eine Tanke - die hier übrigens alle mit Kartenzahlung sind. Also Karte rein - tanken und dann karte wieder raus. Kein Personal. Ohne Kreditkarte kommt man in Island nicht weit und wenn man sein Hot-Dog in bar bezahlt dann wird man schief angeschaut, denn dann muss man ja kriminell sein oder so arm, dass die Kreditkarte überzogen wurde. Und e-Autos? Gibt es keine. Ich weiß, das ist kaum verständlich bei einem Land, wo der Strom aus der Erde kommt. In Norwegen ist der e-Auto Anteil gefühlt bei 30%, hier bei null. Liegt aber sicher daran, dass es keine Monster-4x4 Autos mit Strom gibt. Ein beliebtes Hobby der Isländer ist übrigens Auto waschen. Dreckige Autos scheint der Wikinger nicht zu mögen und Autos werden hier eigentlich immer sofort dreckig. Also sieht man überall Menschen (meist Männer) putzen. Nun muss man dazu sagen, dass Auto waschen an jeder Tanke umsonst ist. Es hängen überall Schläuche mit Schrubbern. Wasser gibt es ja eh genug.
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