Wir wollen jetzt aber wirklich unbedingt Papageientaucher sehen und fahren dafür nach Borgarfjörður, hier gibt es eine Garantie auf Lundis - dem isländischen Namen dieser putzigen Tiere. Die Anfahrt ist ein wenig rauer als bisher, aber sehr spannend. Insgesamt ist die Tour 70 km, davon etwa die Hälfte Schotterpiste. Spannend wird die Bergtour über den 637 m hohen Osjöll-Pass über eine ziemlich ruckelige Schotterpiste. Aber alles gut, unser Pössl kann eine Menge ab.
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Tolle Aussicht auf der Strecke |
Uns treibt es erst einmal zu den Papageientauchern, die hier zwischen Ende Mai und Mitte August zu sehen sind. Holzwege führen direkt zum Vogelfelsen "Hafnarhólmi", wo wir sehr dicht an die Vögel kommen, die Holzstege führen genau an den Nisthöhlen vorbei. Papageientauchercbrüten in bis zu 1 m langen Höhlen auf Oberkanten oder Hängen grasbewachsener, steiler Klippen, genau so wie dieser kleine Felsen beschaffen ist. Auf dem Holzweg schauen wir stundenlang den Tieren zu sie mit Futter beladen auf ihre Höhlen zu fliegen, teilweise sehr tapsig direkt in die Höhle purzeln. Auch Möwen brüten hier eine Menge und zur Brutzeit sind die Jungmöwen genauso schön anzuschauen, auch wenn die beliebten Papageientaucher ihnen die Show stehlen.
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Auch die Möwen ziehen hier ihre Küken groß
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Die Lundis haben kleine Flügel. Sie sind Flügeltaucher, bewegen sich also unter Wasser mit ihren Flügeln fort. Sie tauchen 10 bis 45 Meter tief. |
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Sie kommen erst zur Höhle zurück, wenn der Schnabel voller Fische ist. |
Im Ort bleiben wir auf dem Campingplatz mit tollem Blick auf die Berge und trotzdem mitten im sehr kleinen Ort. Er liegt am Fuße des Álfaborg, der Stadt des verborgenen Volkes. Die Elfenkönigin Borghildur wohnt hier und wir machen einen Spaziergang auf die “Stadt der Verborgenen”, das soll Glück bringen. Eigentlich wollten wir ja abends in der lokalen Kneipe essen gehen aber Island spielte gerade gegen Kroation. So war Essen nur als Selbstbedienung aus einem großen Topf vorhanden (und das sah nicht lecker aus) und das Restaurant wurde als Kino für alle 80 Einwohner umfunktioniert. Das ist Island. Wir haben ein Bier getrunken und das Spiel geschaut, leider hat Island ja verloren. Aber beim Elfmeter, da war die Hölle los.
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Blick von unserem Stellplatz kurz nach Mitternacht |
Auf der Rückfahrt haben wir auf der Strecke gefrühstückt, wir kannten den schönen Pass ja schon und hier gibt es extra schöne Aussicht.
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Frühstücksplatz |
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mit Aussicht |
Und wieder fahren wir erst einmal 25 km Schotterpiste. Das heißt: Immer alles gut festschnallen und absichern. Wir kommen am Kraftwerk Lagarfossvirkjun vorbei. Hier wird mit der Kraft des Flusses Lagarfljót, den wir ja als See schon kennen 27 MW Strom produziert. Es hat eine Fallhöhe von ca 17 m mit einer Wassermenge von ca. 180 m³/s. Der Überlauf des Flusses strömt hier in gewaltigem Wildwasser hinunter, was sehr imposant ist. Ein schöner Zwischenstopp. Sonst sehen wir auf dem Weg noch eine fotogene, schwarze Kirche und eine alte Kirche aus der Wikingerzeit. Heute ist Kirchentag.
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Wildwasser am Lagarfossvirkjun |
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Kirkjubæjarkirkja von 1851 |
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Geirsstaðakirkja von 1000 (rekonstruiert) |
Dann geht es über die etwas eintönige Hochebene Jökulsdalsheiði mir sehr spärlicher Vegetation und einer endlos scheinenden Weite. Denn die Strecke hier oben im Nordwesten kann getrost als sehr ruhige und fast menschenleere Gegend bezeichnet werden. Wir haben fast eine Stunde kein anderes Auto gesehen, die Landschaft ist karg und beruhigend. Wenn rechts von uns nicht die schneebedeckte Bergkette Smjörfjöll (dt. “Butterberge”) zu sehen wären würde ich die Landschaft sogar als langweilig bezeichnen.
Ein kleines Highlight ist der schöne Ort Vopnafjörður auf einer Landspitze in gleichnamige Fjord. Die Stadt hat sich schön herausgeputzt und hat ein gemütliches Flair. Wir haben hier ein Hot-Dog gegessen (gibt es an jeder Tanke) und das Auto nach den vielen Pistenkilometern gewaschen (gibt es auch an jeder Tanke). Waschen ist immer gratis. Nur waschen muss man halt selber. Bekannt ist der Ort mittlerweile durch das 12 km nördlich liegende Selárdalslaug - ein Schwimmbad im Nirgendwo. Der Ort ist nicht zufällig, es liegt an einer der wenigen heißen Quellen Ostislands. Da das Bad in jedem Reiseführer zu finden ist war es voller als gedacht - durch seine tolle Lage direkt am Fluss Selá war es aber wirklich einen Besuch wert. Der Fluss gilt übrigens als der beste Angelspot für Lachse. Schon Prinz Charles und der ehemalige US Präsident George W. Bush waren hier zum Lachse fangen. Das Schwimmbad ist im Winter besonders beliebt. Durch die abgeschiedene Lage ohne jede Beleuchtungseinflüsse ist es der perfekte Ort um beim Bad Nordlichter zu beobachten. Aber bei uns ist es ja immer hell, da müssen wir mal im Winter wiederkommen..
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Selárdalslaug - ein Schwimmbad im Norgendwo |
Weiter geht es immer die 85 entlang direkt Richtung Norden. Wieder finden wir uns auf einer Hochebene, der Bakkaheiði. Kahle, hügelige Mooslandschaften, nur die Kurven der Straße bringen etwas Abwechslung durch die sonst eintönige Landschaft. Es es trist hier, nahezu gespenstisch.Die Fahrt wird auch wieder holpriger, denn die Straße ist teilweise Schotterpiste. Rechts im Meer ragt der Felsblock Stapi aus dem Meer und ist ein schönes Fotomotiv. Ansonsten ist die Gegend außer den Felsen und der rechts aufragenden Halbinsel Langanes optisch nicht sehr schick .Die Schotterstraße zwischen der Moorlandschaft und Wiesen hat teilweise das Ambiente eines einfaches Feldweges bei uns zu Hause. Neben den Vögeln auf der Halbinsel ist der Maulwurf das meist gesehene Tier hier. Diesen Satz habe ich mir nicht ausgedacht sondern einem lokalen Blog entnommen - denn dies beschreibt die Gegend sehr treffend.
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Außer Felsen ist es hier sehr einsam |
Unser Ziel ist der kleine Ort Raufarhöfn. Ich gebe zu, nicht des Ortes selbst wegen. Es ist Ende Juni und die Sonne scheint - die Mitternachtssonne zieht uns in den Norden. Der Ort ist die nördlichste Ansiedlung Islands, von hier sind es nur 15 km bis zur nördlichsten Spitze der Insel. Der Polarkreis ist nur noch weitere 2 km entfernt. Der perfekte Ort für die Beobachtung der Mitternachtssonne. Imposant in Szene gesetzt wird die mitternächtliche Sonne hier durch das monumentale Kunstwerk “The Arctic Henge” (dt. arktischer Steinkreis). 1996 konzipiert und seit 2002 im Bau gilt es als größtes Freiluft-Kunstwerk Islands mit dem Ziel, den Tourismus in der strukturschwachen Region zu fördern. Durch die Nähe zum Polarkreis ist die Idee einer riesigen Sonnenuhr einleuchtend und gibt in der Mitternachtssonne wahrlich ein imposantes Bild ab. Derzeit sind nur 4 der äußeren Tore mit je 6 m Höhe und das 11 m hohe zentrale Tor fertig gestellt. Hinzukommen soll noch ein äußerer Steinkreis mit 50 m Durchmesser sowie 72 Zwerge aus den Island-Eddas. DIe Tore sind genau nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet und so findet sich zur astronomischen Mitternacht die nur knapp untergehende Sonne genau in der Verlängerung der Steintore. Wir haben falsch gerechnet und waren um Mitternacht da, also nach der Uhr. Da Island aber auf dem westlichen 16. Längengrad liegt, aber die Zeitzone GMT hat (also 0 Grad) ist die Uhr hier eine Stunde zu früh. Wir machen trotzdem schöne Fotos, auch wenn wir die Sonne nicht genau zwischen die 3 Felsentore bekommen. Die Sonne ist übrigens für genau 2 min unter gegangen und war sagenhafte 0,2 Grad unter dem Horizont. Das habe ich im Internet errechnet, merken tut man da nix von.
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Arctic Henge |
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Mitternacht |
Raufarhöfn selbst ist ein trister Ort und könnte auch als setting für einen düsteren Endzeit-Film herhalten. Nur knapp 200 Einwohner bewohnen heute den einst für seinen großen Heringshafen bekannten Ort. Gegessen haben wir im “Kaupfélagið”, einer Mischung aus Restaurant, Museum und Andenkenladen. Die “Fish and Chips” aus Kabeljau waren wirklich gut. Und für isländsiche Verhältnisse sogar presiwert.
Tolle Fotos und Drohnenshots gab es um Mitternacht, spät im Bett aber schöne Bilder im Kopf und auf der Festplatte. Apropos Festplatte. Ich habe bereits 250 GB an Daten angesammelt. Bilder und Videos. Ich muss aber zugeben, dass ich Fotos in RAW speichere und Videos von der Mavic in 2,7k bei 80 MBit Datenrate. Aber kein Problem - ich habe eine 2 TB externe Festplatte dabei. Und die Propeller meiner Mavic habe ich heute auch geschrottet - ich musste ja unbedingt durch die Steintore fliegen, was auch irre aussieht. Meine Drohne hat ein Anti-Kollisions System - das hat auch super geklappt. Da sie aber nicht mehr weiter wusste ist sie einfach gelandet, und am Boden liegen große Steine. Nix passiert, nur Propeller im Eimer. Habe genug Ersatz dabei. Die Videos werde ich mal verteilen, wenn ich wieder WLAN irgendwo habe.
Und wie üblich zum Schluss ein paar allgemeine Island-Infos. Thema Sprache. Isländisch ist für uns nicht zu verstehen - kein Ton. Müssen wir aber auch nicht, denn hier spricht jeder Englisch, und das sehr gut. Isländisch lesen ist schon eine andere Sache, da versteht man manchmal ein paar Wörter oder Wortteile. Wenn man die besonderen Zeichen der Sprache mal kapiert hat. Es gibt 3 besondere Schriftzeichem die ihr hier ja häufig zu lesen bekommt:
- „Eth“ (groß: Ð, klein ð), ausgesprochen wie edh (weiches th). In Transkriptionen wird er üblicherweise durch dh oder ein einfaches d ersetzt.
- „Thorn“ (groß: Þ, klein: þ), ausgesprochen wie das englische, harte th. In Transkriptionen wird es auch durch th ersetzt. Der bekannteste Name mit diesem Buchstaben ist sicherlich der nordische Gott Þór (Thor).
- „A-E Ligatur (groß: Æ, klein: æ), in Island ausgesprochen wie ai (anders als in anderen nordischen Sprachen, wo es eher dem deutschen Umlaut ä ähnelt)
Die Buchstaben C, W, Q und Z gibt es in Island nicht.
So wird das Wort “...heiði” oben aus dem Text verständlich. Es heißt nicht etwas “Heidi”, also das Mädchen aus der Schweiz sondern “Heudhi” - also Höhe. Und so wissen wir, dass wir durch eine Hochebene fahren.
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