Wir sind gerade am Snæfellsjökull. Ein magischer Ort hier auf Island. Ein formschöner Vulkankegel mit einem Gletscher obendrauf. Er gilt bei den Isländern als berühmter Berg, da er einerseits von Reykjavik zu sehen ist und andererseits eine wichtige literarische Rolle spielt. Jeder Isländer kennt die Geschichte von Jules Verne “Reise zum Mittelpunkt der Erde”, in der dieser Berg als Ausgangspunkt der Reise dienst, der gleichnamige Film wurde hier auch gedreht. Auch der isländische Literaturnobelpreisträger Halldór Laxness hat einen seiner Romane dem Berg gewidmet.Jeder Isländer kennt die Passagen aus seinem Büchern. Durch seine Form, exponierte Lage und die häufig auftretenden Lenticularis (Linsen)-Wolken gilt er in Esoterik-Kreisen als energiegeladener Berg. Rein technisch ist der Snæfellsjökull ein 1446 m hoher Stratovulkan, der vor 700.000 Jahren entstand.
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Lenticularis -Wolken |
Damit ist übrigens meine letzte Leserfrage (kennen die Isländer Jules Verne?) auch beantwortet, den kennt hier jeder. Man muss dazu sagen, dass Isländer Literatur lieben. Schon um die Jahrtausendwende (also die vorletzte) wurden die Sagas aufgeschrieben, die jeder Isländer so liebt. Heute noch genießen die alten Geschichten (die meist von Mord und Totschlag handeln) große Beliebtheit und die Helden sind allgegenwärtig. So heißt eine große Getränkemarke hierin Island “Egil”, das ist der Held aus der Saga von Snorri - den treffen wir aber noch am Ende des Kapitels. Und Island hat die meisten Literaturnobelpreisträger der Welt - umgerechnet auf die Bevölkerung.
Unser erstes Ziel ist aber erstmal der formschöne Krater Eldborg (dt. “Feuerburg”). Der perfekter Lavaring gibt gegen die großen Berge im Hintergrund einen schönen Kontrast ab. Er hat einen Durchmesser von 200 m, ist fast kreisrund und 50 m tief. Sein letzter Ausbruch datiert 5000 - 9000 Jahre zurück, dabei schuf er das auch heute noch gut sichtbare Lavafeld Eldborgarhraun durch das wir direkt zu dem Krater wandern. EIne schöne Wanderung mit ein wenig Klettereinlage am Schluss. Der Blick von oben war aber gigantisch, wir hatten super Wetter und von oben konnten wir den Snæfellsjökull sehen, der mehr als 100 km von uns entfernt ist. Hier entstand auch das Bild oben.
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Eldborg |
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Gerðuberg - gleich daneben |
Hier, in den großen Ebenen am Wasser befinden sich auch ganz viele Reitfarmen. Überall gibt es Pferde zu verleihen für einen Galopp auf den langen Stränden hier. Wir wollen ja auch mal reiten, brauchen als Anfänger aber Hilfe und so buchen wir eine Anfänger-Reittour. Selbst ich als absoluter Neuling darf aufs Pferd und gleich mit ans Meer reiten. Mein Pferd war aber eigentlich ganz brav, leider war es sehr verfressen und statt geradeaus zu laufen hat es doch lieber des öfteren einen Snack zu sich genommen. Völlig in Panik geraten bin ich, als er einfach mitten in einem kleinen See ging, um dort was zu trinken. Aber wir hatten hat eine Begleitung dabei, ist alles gut gelaufen. Apropos gelaufen - der Tölt (also der dritte Gang der Islandpferde) ist wirklich toll. Im Trab kriegt man ja immer einen Kick in den Po, wenn das Pferd dann aber in den Tölt geht ist alles super ruhig. Jetzt weiß ich, warum Islandpferde so beliebt sind.
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Tölten in Island |
Hier an der Küste haben wir einen super Stellplatz für die Nacht gefunden, direkt in den Dünen inmitten einer Seeschwalbenkolonie. Daher konnten wir das WoMo nicht verlassen, denn die Biester sind sehr angriffslustig. Die Geräuschkulisse war aber gigantisch
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Küstenseeschwalbe |
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Robben gibt es hier auch |
Am nächsten Tag dann ab zum Ende der Halbinsel, ich brauche ja noch unbedingt ein Bild von dem Vulkan für das Buch. Aber heute ist alles wolkenverhangen und der große Berg versteckt sich.
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Aus den Wolken aufgetaucht |
Naja, also besuchen wir die Highlights hier drumrum. Zum einen ist das die wohl meist fotografierten Kirche Islands in Búðir. Die ganz in schwarz und weiß gehaltene Kirche stammt aus dem Jahre 1848 und gilt als eine der ältesten Holzkirchen Islands und sie ist wirklich schön anzusehen. Ehrlich, ich kannte die Kirche schon durch YouTube. Dann die große Schlucht Rauðfeldargjá, was eher ein Zufallstreffer war. Von außen kaum zu erkennen, von innen aber ein gigantischer Blick in die dunkle Schlucht, in der immer noch irre viel Schnee liegt. Und dann natürlich die auffallend erodierte Basaltküste mit vielen Felsenbögen, Buchten und Höhlen. In den Höhlen brüten Möwen, im Winter bei Sturm peitscht gerne mal das Wasser heraus. Die beliebtesten sind der große Bogen Gatklettur und die drei höhlenartigen Buchten Eystrigja, Midgja and Musargja. Die Küste ist wirklich so beeindruckend, dass ich hier fast nicht mehr weg kam, so viele interessante DInge gibt es hier zu sehen. Da hier aber immer mehr Tourbusse anhalten und es doch sehr voll wird entscheiden wir uns für die Abfahrt.
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Schicke Kirche in Búðir |
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Rauðfeldargj von außen |
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Rauðfeldargj von innen |
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Gatklettur |
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Die Felsenküste bei Anarstapi |
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Das felsenloch Midgja |
Am nächsten Tag umrunden wir den Snæfellsjökull noch einmal komplett,um dann doch noch ein schönes Bild zu bekommen. Und an der Nordküste der Halbinsel geht es zurück. Die Küste ist ganz anders als im Süden, hier scheinen die Berge ins Wasser zu fallen und sind allesamt schön geformt. Der wohl formschönste und bekannteste Berg ist der Kirkjufell (dt. “Kirchberg”). Seine keilförmige, zuckerhutartige Form macht ihn zu einem der meistfotografierten Berge der Halbinsel, üblicherweise mit dem Wasserfall Kirkjufellsfoss im Vordergrund. Da es hier sehr voll war und ich wegen der Sonne einen 1000x ND Filter benutzen musste dauerte die Fotosession hier diesmal eine Stunde, am Ende habe ich dann aber noch schöne Bilder hinbekommen (allesamt übrigens 20 sec lang belichtet).
Bevor wir hier auf Snæfelsnes gelandet sind waren wir übrigens noch im Inland, im Reykholtsdalur (dt. “Rauchtal”) finden wir alles, was Island ausmacht. An einem Tag Gletscher, Wasserfälle, Feuer (also heiße Quellen) und ein Bad darin sowie isländische Kultur. Wer also nur einen Tag auf der Insel ist - hier ist ein guter Ort dafür. Fangen wir mal am Ende des Tals an, hier steht der schöne Campingplatz Húsafell. Von hier aus gibt es Touren zum nahegelegenen Gletscher Langjökull. Und nicht nur das, in den Gletscher haben findige Ingenieure einen 500m langen und 30 m tiefen Tunnel gegraben, damit wir Touristen auch mal einen Gletscher von unten sehen können. Was für ein Erlebnis. Also nicht nur der Tunnel. Es geht mit umgebauten NATO-Transportern direkt über das Eis, dass jetzt im Sommer sehr matschig ist und der Truck so einen Meter weit einsinkt und sehr, sehr langsam den Gletscher hinauf kriecht. Spannend. Oben geht es dann etwas schneller, der Schnee ist hier noch besser in Schuss. Hier können wir auch ein wenig im Schnee umhertollen, Schneebälle bauen und schöne Fotos machen. Und dann geht es in die künstliche Eishöhle. Wahnsinn. Es regnet von der Decke, das Eis ist oben erst noch sehr weich und wir können die Jahresringe, ja sogar die Schneefallperioden im Jahr gut sehen. Sehr schön ist die Sommerlinie 2010 zu sehen, die pechschwarz ist (an den Ausbruch des Eyjafjallajökull kann sich sicher jeder erinnern). Wir laufen weiter hinunter bis ins Jahr 1980. Hier ist es trockener, denn das EIs ist hier schon sehr kompakt. Auch Gletscherspalten gibt es, über eine führt hier unten eine Brücke und wir laufen mitten hindurch. Was für ein Erlebnis.
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Into the Glacier - hiermit geht es raus |
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über den Gletscher |
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durch den Eistunnel |
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Gletscherspalte von unten |
Nach dem Gletscher Wasserfall, der Hraunfossar (dt. “Lavafall”). Auch wenn wir schon viele Wasserfälle gesehen haben, dieser ist wirklich einzigartig. Auf einer Länge von ca. 700 m strömt Wasser in hunderten Wasserfällen aus der Lava (daher der Name) in den darunter liegenden Fluss Hvítá. Das Wasser scheint daher aus dem Nichts aufzutauchen und allein durch die Länge des Spektakels ist dieser Wasserfall einzigartig. Auch die Farbenspiele, wenn das glasklare Wasser aus der Lava in den trüben Fluss fließt sind schön anzusehen. Nur wenige hundert Meter weiter Flussaufwärts stürzt zusätzlich der Fluss beim Barnafoss (dt. „Kinderwasserfall“) 9m in die Tiefe. EIn Spektakel sondergleichen. Meine Drohne fliegt beide Batterien leer und es gibt einen Haufen schöne Bilder.
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Hraunfossar |
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Hraunfossar |
Dann die Quelle Deildartunguhver. Es handelt sich um die ergiebigste Springquelle Islands ( 180 Liter/Sek) und ist sehr beeindruckend anzuschauen. EIne Menge Wasser sprudelt sehr energisch direkt neben uns aus der Erde. Also direkt neben us. Neben der Quelle ist praktischerweise das sehr moderne Thermalbad, in dem wir dann noch unseren Nachmittagskaffee direkt im Hot-Pot genießen können. Aus den Pools hat man einen schönen Blick direkt auf das Deildartunguhver. Die Hot-Pots sind allesamt schön gestaltet, es gibt 5 Pools in unterschiedlichen Temperaturen von 35 - 42 °C.
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Deildartunguhver. |
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Und die Hot-Pots gleich nebenan |
Und zum Schluss noch etwas Kultur. Der Ort Reykholt ist eine der historischsten Stätten in Islands. Es war die Heimat von Snorri Sturluson (1179-1241) von 1206-1241. Snorri war sicher einer der einflussreichsten Isländer aller Zeiten. Er war ein Saga-Schriftsteller, Politiker, Geschichtsschreiber und Dichter. Er war während seiner Zeit, die nach seiner Familie als „Sturlungenzeit“ bezeichnet.wird der mächtigste Mann in Island. Er war Islands größter Saga-Autor und Autor von Heimskringla, der Geschichte der norwegischen Könige, Snorra-Edda, mit vielen Informationen über nordische Mythologie und Poesie, und er gilt auch als Autor der Egils Saga. Er selbst hatte zweimal das Amt des Gesetzessprechers, der einflussreichsten Position im Althing, dem isländischen Parlament, inne. Er war einer der ersten, die heiße Quellen zum Bau eines Bades genutzt hatten. Er nutzte dies geschickt als Verhandlungsplatz und demonstrierte so Macht und Einfluss. Das “Sorrislaug” wurde rekonstruiert, baden ist heute leider verboten. Nach dem Mord an Snorri durch den norwegischen König endete der isländische Freistaat, es wurde erst norwegische, dann dänische Kolonie.
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Das Snorrilaug |
Und von unserer Anreise hierher noch eine kleine Geschichte. Der Campingplatz lag wunderschön an Hotel Edda-Laugar. Das Wort sollte euch mittlerweile bekannt vorkommen, ja, hier kann man baden. Ein natürlicher Hot-Pot, gestaltet im historischen Stil lädt zum Baden ein, das Hotel hat aber auch einen schönen 25m Pool. Das Hotel hat eine witzige Geschichte. Als der internationale Tourismus in Island begann brauchte man Hotels. Schnell. So wurde das Konzept geboren, die Internate im Sommer als Hotel zu nutzen. In Island sind fast alle weiterführenden Schulen auf dem Land Internate (logisch) und in den sehr langen Sommerferien stehen die alle leer. Ich find die Idee genial - sie wurden dann zu Saison-Hotel umfunktioniert. Daher übrigens auch unser “Hotel am ende des Univerums” in den Westfjorden. Dieses Internat hier war übrigens eine Húsmæðraskólinn (Hausfrauenschule). Fand ich spannend.
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Alex in Laugar - im Guðrúnarlaug - historisch gemacht |
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Und wandern in Laugar |
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